UNIO plant erste Demonstrations-Mission für 2024
Published on Sa, 17.12.2022 – 20:21 CET in Missions, covering UN:IODas Joint Venture um Isar Aerospace, Mynaric, Reflex Aerospace und SES stellt auf seiner Website die Meilensteine für den Aufbau eines eigenen Satelliten-Netzwerks vor. Schon 2024 sollen die ersten beiden Satelliten starten, ab 2025 soll die Konstellation aufgebaut werden.
Noch vor einigen Jahren klangen weltumspannende Satelliten-Konstellationen, als sei die Phantasie mit Raumfahrt-Experten durchgegangen. Doch spätestens seit den regelmäßigen und fast wöchentlichen Starts von Starlink-Satelliten ist klar, dass diese Fiktion längst Realität ist. Und es sollen viele weitere Konstellationen folgen, unter anderem von Amazon (Projekt Kuiper), der Europäischen Kommission (IRIS2) oder auch NewSpace-Startups OroraTech (FOREST). So plant auch UNIO den Aufbau einer eigenen Konstellation, mit der die sichere Kommunikation über Satelliten im Orbit ermöglicht werden soll. Bereits vor rund einem Jahr bezeichnete Walter Ballheimer, CEO von Reflex Aerospace, das Projekt als “Europas technologische Unabhängigkeitserklärung.”
“Europa hat alles, was es für ein unabhängiges Satellitennetzwerk braucht”
Wie UNIO ergänzend auf LinkedIn mitteilte, wird bereits an der Demonstrations-Mission gearbeitet. Erst im Juli 2022 hatte eine Studie gezeigt, dass die Konstellation erfolgreich aufgebaut werden kann. Eine der großen Besonderheiten daran ist die Geschwindigkeit, mit der all das realisiert werden soll. Eine weitere, dass in diesem Vorhaben Unternehmen nicht nur eine gemeinsame Vision verfolgen, sondern auch gemeinsam an deren Verwirklichung arbeiten.
Isar Aerospace – Launcher
Mit Isar Aerospace ist der Hersteller eines Microlaunchers an Bord, der die Satelliten in den Orbit befördern soll. Der Erstflug der Trägerrakete Spectrum ist für 2023 geplant, die Nutzlasten für die ersten beiden Flüge stehen bereits fest. Isar Aerospace gilt als bestfinanziertes NewSpace-Startup Europas.
Reflex Aerospace – Satellitenfertigung
An seinen Standorten in Berlin und München arbeitet Reflex Aerospace daran, die Fertigung von Satelliten zu revolutionieren. Erst Anfang Dezember 2022 konnte das NewSpace-Startup mindestens sieben Millionen Euro an Investments einwerben.
Mynaric – Laser-Kommunikation
Das Gilchinger Unternehmen fertigt optische Kommunikationsterminals sowie Optische Inter-Satellite-Links (OISL). Erste HAWK-Terminals sind bereits bei Kunden im Einsatz, auf der Internationalen Raumstation ISS soll ein CONDOR-Terminal erprobt werden.
SES – Satellitenbetreiber
Das Luxemburgische Unternehmen ist Betreiber der Astra-Satelliten-Konstellation und versorgt eigenen Angaben zufolge 1 Milliarde Menschen mit TV-Signalen. SES betreibt eine Flotte von mehr als 100 Satelliten im geostationären (35.786 km) und mittleren (2.000 bis unterhalb 36.000 km) Erdorbit.
UNIO Meilensteine bis 2025
© Mynaric
Phase 1 – Entwicklung
Nach erfolgreicher Studie läuft bereits die erste der drei Phasen. Die nächsten beiden Jahre sollen für die Simulation, den Aufbau der Hardware und Software sowie den Test des kompletten End-to-End-Systems genutzt werden. Wie CTO und Systems Architect Arthur Afonso mitteilte, sollen Ka-, Ku-, Q- und V-Bänder genutzt werden. Um eine kostengünstige Fertigung der Satelliten sicherstellen zu können, müsse zudem die Produktionsrate der Ausrüstung höher sein als die Produktionsrate der Satelliten.
Phase 2 – Demonstrations-Mission
Im Jahr 2024 soll eine erste Demo-Mission mit zwei Satelliten starten. Diese soll dazu dienen, um die einwandfreie Zusammenarbeit der Trägerrakete, der Satelliten, der Software und des Laser-Kommunikations-Systems zu beweisen. Ein neuralgischer Punkt sind dabei die Verbindung zwischen Satelliten und Bodenstationen sowie die quantenverschlüsselte Übertragung.
Phase 3 – Konstellation
Der tatsächliche Aufbau der Infrastruktur soll schließlich ab 2025 erfolgen. Die Lebensdauer der Satelliten ist dabei bewusst kurz gewählt, sodass technische Neuerungen innerhalb kürzerer Zeit in den Orbit gebracht werden können. Um dadurch jedoch keinen Weltraumschrott zu verursachen, werden die Satelliten von Reflex Aerospace mit ADEO-Bremssegeln von HPS ausgestattet.
Wettbewerb auf allen Ebenen und Kontinenten
Der von UNIO veröffentlichte Zeitplan wirkt bisweilen sehr ambitioniert. Zumal sich das Gros der entscheidenden Komponenten noch in der Entwicklung befindet. Doch angesichts der internationalen Konkurrenz ist Eile mehr als geboten. Denn in diesem Wettbewerb hat SpaceX die Nase weit vorn und sich damit in kurzer Zeit eine Monopol-Stellung aufgebaut.
Wie kaum ein anderer beherrscht es Elon Musk, diese für Marketingzwecke zu nutzen. So lieferte er zum Beispiel Starlink-Terminals in die Ukraine, wo sie auch von den Streitkräften an der Front eingesetzt wurden. Dank der weltraumbasierten Internetverbindung konnten trotz zerstörter Infrastruktur Daten ausgetauscht werden. Und im Iran soll dank fast 100 aktivierter Starlinks die staatliche Zensur des Internets umgangen werden können.
Allerdings zeigte sich im Ukraine-Krieg auch die Kehrseite der Medaille. Denn für die Nutzung der Starlink-Terminals fallen Kosten an, die beglichen werden müssen. Im Falle der Ukraine weigerte sich erst SpaceX, diese allein zu übernehmen und forderte das Pentagon auf, diese zu übernehmen. Dieses lehnte ab und verwies an das britische Unternehmen, das die Terminals erworben hat. Doch auch das lehnte die Zahlung ab, sodass in der Folge rund 1.400 Terminals abgeschaltet wurden.
Neben geringen Datenübertragungsraten können also auch Abhängigkeiten von Drittstaaten oder ausländischen, privatwirtschaftlichen Unternehmen zum Flaschenhals bei Breitband-Internet an jedem Ort der Erde, autonomen Fahr- und Flugzeugen, vernetzten Industriemaschinen oder bei der Unterstützung militärischer bzw. humanitärer Einsätze werden. Schon jetzt liegt Europa im Vergleich zu den USA oder China zurück. Während die Chinesen ihr Netzwerk weitgehend unauffällig aufgebaut haben, macht in den USA vor allem SpaceX keinen Hehl aus den Starts zum Aufbau der Starlink-Konstellation. Doch bestehende, fremde Infrastrukturen zu nutzen ist nicht nur ein wirtschaftliches Risiko, sondern birgt auch Gefahren hinsichtlich der Datensicherheit. Dies zu verhindern, ist eines der Kernanliegen von UNIO.