ESA JUICE Mission Briefing
Published on Do, 13.04.2023 – 09:07 CEST in Missions, covering ESAAm 13. April 2023 soll zum 116. und gleichzeitig vorletzten Mal eine Ariane 5 abheben. Wie schon im Dezember 2021 wird sie eine Nutzlast auf den Weg in die Tiefen des Weltalls bringen. Ziel der Reise sind diesmal die Eismonde des größten Planeten unseres Sonnensystems. Bis zum Jupiter sind es im Mittel 778,6 Millionen Kilometer, Signale brauchen rund 37 Minuten bis zur Erde. Aber nicht nur deswegen ist JUICE eine ESA-Mission der Superlative.
318 Erdmassen, 92 Monde, 11 Erddurchmesser: Jupiter spielt in einer ganz eigenen Planeten-Liga. Für die Mission JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) sind jedoch mit Europa, Ganymed und Callisto drei seiner vier Galileischen Monde von besonderem Interesse. Genauer gesagt Europa, Ganymed und Callisto. Unter deren gefrorener Oberflächen sollen sich Ozeane aus flüssigem Wasser befinden – zumindest hier auf der Erde die Grundvoraussetzung für Leben. Ob es das auch auf Jupiters Monden gibt, ist bisher unbekannt. Den direkten Nachweis von außerirdischem Leben kann JUICE zwar nicht erbringen. Doch die Raumsonde soll herausfinden, ob es Orte gibt, an denen Leben erhalten werden könnte. Das heißt, ob es Wasser, biologisch wichtige Elemente, ausreichend Energie sowie ein gewisses Maß an Stabilität gibt, damit frisch entstandenes Leben nicht gleich wieder ausgelöscht wird.
Nutzlastverkleidung der Ariane 5 mit Kindermotiv
Der 116. und gleichzeitig vorletzte Start einer Ariane 5 erfolgt wie gewohnt vom Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guayana. Der Liftoff von der Startrampe ELA-3 ist für Donnerstag, den 13. April um 14:15 MESZ geplant. Das wird auch für Yaryna ein ganz besonderer Moment sein. Denn die 8-Jährige Ukrainerin hat die “JUICE up your Rocket”-Competition der ESA gewonnen. Von den mehr als 2.000 eingereichten Motiven ziert ihres nun die Nutzlastverkleidung der Ariane 5 und wird zumindest auf dem ersten Teil mit auf die Reise zum Jupiter gehen. Teilnehmen durften übrigens nur Kinder bis zu 12 Jahren. Eine schöne Idee der ESA, um auch die jüngsten für Raumfahrt zu begeistern und sie sprichwörtlich daran teilhaben zu lassen.
Startprofil von JUICE
© ESA (ATG Medialab)
© ESA (ATG Medialab)
© ESA (ATG Medialab)
T | Vorgang | MESZ |
---|---|---|
0 | Launch Ariane 5 | 14:15 |
+135s | Abtrennung Booster | 14:17 |
+191s | Entfernung Nutzlastverkleidung | 14:18 |
+540s | Stufentrennung 1. und 2. Stufe | 14:24 |
+26min | Trennung JUICE von Oberstufe | 14:41 |
+32min | ESA übernimmt die Kontrolle über die Raumsonde | 14:47 |
+36min | frühestmöglicher Empfang von Signalen von JUICE | 14:51 |
+99min | Beginn Entfaltung Solarpanels | 15:54 |
+16h | Beginn Entfaltung Antennen und Magnetometerbaum | 06:15+1 |
JUICEs Reise zum Jupiter
© ESA (ATG Medialab)
Zeitpunkt | Manöver | Location |
---|---|---|
13. APR 2023 | Launch JUICE auf Ariane 5 | Kourou, Französisch-Guayana |
AUG 2024 | Swing-by (Vorbeiflug) | Erde-Mond |
AUG 2025 | Swing-by (Vorbeiflug) | Venus |
SEP 2026 | Swing-by (Vorbeiflug) | Erde |
JAN 2029 | Swing-by (Vorbeiflug) | Erde |
JUL 2031 | Ankunft | Jupiter |
bis NOV 2034 | 35 Vorbeiflüge | Europa, Callisto, Ganymed |
DEZ 2034 | Einschwenken in Umlaufbahn | Ganymed |
bis SEP 2035 | Orbit | Ganymed |
? | kontrollierter Absturz* (Missionsende) | Ganymed |
Primäre Ziele: Ganymed, Callisto und Europa
© ESA (ATG Medialab)
© ESA (ATG Medialab)
© ESA (ATG Medialab)
Das primäre Ziel der Mission ist der Eismond Ganymed. Insgesamt wird JUICE 12 Vorbeiflüge durchführen, wobei sich die Sonde dem Eismond auf 400km annähern wird. Sofern es den Expert:innen der ESA machbar erscheint, soll der Abstand eventuell auch auf 200km verringert werden. Im Fokus steht Ganymed auch, weil er der einzige Mond im Sonnensystem ist, der ein eigenes Magnetfeld hat. Callisto hingegen gilt als der älteste Mond in unserem Sonnensystem, ist inaktiv und stark verkratert. In 21 Vorbeiflügen soll sich JUICE bis auf 200km annähern und herausfinden, wie die Umgebung des Jupiters früher aussah. Auf der anderen Skala der Aktivitäten und des Alters steht Europa. Auf ihm soll in 2 Vorbeiflügen in 400km nach Biosignaturen und Wassereinlagerungen gesucht werden. Außerdem soll die Geologie, die Oberfläche, der Untergrund, die Aktivität und die Umgebung erforscht werden.
Die Instrumente des Jupiter Icy Moons Explorers im Überblick
© ESA/ATG medialab
Abk. | wissenschaftl. Name | Funktion / Aufgabe |
---|---|---|
3GM | Gravity & Geophysics of Jupiter and Galilean Moons | Radiowissenschaftliches Experiment; wird das Schwerefeld auf Ganymed, das Ausmaß der inneren Ozeane auf den Eismonden und die Struktur der neutralen Atmosphäre und Ionosphäre des Jupiters und seiner Monde untersuchen |
GALA | GAnymede Laser Altimeter | Laser-Höhenmesser; wird die Gezeitendeformation von Ganymed und die Topographie der Oberflächen der Eismonde untersuchen |
JANUS | Jovis, Amorum ac Natorum Undique Scrutator | optisches Kamerasystem; wird globale, regionale und lokale Merkmale und Prozesse auf dem Mond untersuchen und die Wolken des Jupiter kartieren |
J-MAG | JUICE magnetometer | Magnetometer; soll Magnetfeld des Jupiters und seine Wechselwirkung mit dem des Ganymeds charakterisieren und die unterirdischen Ozeane der Eismonde untersuchen |
MAJIS | Moons and Jupiter Imaging Spectrometer | Abbildendes Spektrometer im sichtbaren und infraroten Bereich; dient der Beobachtung von Wolkenmerkmalen und atmosphärischen Bestandteilen auf Jupiter und der Charakterisierung von Eis und Mineralien auf den Oberflächen der Eismonde |
PEP | Particle Environment Package | Instrument zur Messung geladener Teilchen; Paket von Sensoren zur Charakterisierung der Plasmaumgebung des Jupitersystems |
RIME | Radar for Icy Moons Exploration | Radar-Echolot; eisdurchdringendes Radar, mit dem die unterirdische Struktur der Eismonde bis zu einer Tiefe von etwa 9 km untersucht werden soll |
RPWI | Radio and Plasma Wave Investigation | Radio- und Plasmawelleninstrument; wird die Radioemission und die Plasmaumgebung des Jupiters und seiner Eismonde mit Hilfe einer Reihe von Sensoren und Sonden charakterisieren |
SWI | Sub-millimeter Wave Instrument | Instrument für Submillimeterwellen; wird die Temperaturstruktur, Zusammensetzung und Dynamik der Jupiteratmosphäre sowie die Exosphären und Oberflächen der Eismonde untersuchen |
UVS | UV imaging spectrograph | Abbildendes UV-Spektrograph; zur Charakterisierung der Zusammensetzung und Dynamik der Exosphären der Eismonde, zur Untersuchung der jovianischen Polarlichter und zur Erforschung der Zusammensetzung und Struktur der oberen Atmosphäre des Planeten |
PRIDE* | Planetary Radio Interferometer & Doppler Experiment | Planetarisches Radiointerferometer und Doppler-Experiment; nutzt das Standard-Telekommunikationssystem der Raumsonde zusammen mit Radioteleskopen auf der Erde, um präzise Messungen der Position und der Geschwindigkeit der Raumsonde vorzunehmen und die Schwerefelder des Jupiters und der Eismonde zu untersuchen |
1,6 Milliarden Euro Missionskosten
Am Bau von zwei der zehn wissenschaftlichen Instrumente war maßgeblich das DLR-Institut für Planetenforschung beteiligt. Darüber hinaus fördert die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR insgesamt sieben Instrumente bis zum Ende der Mission mit etwa 100 Millionen Euro. Wo wir gerade übers Geld sprechen: Die Mission wird in Summe etwa 1,6 Mrd. Euro kosten. Klingt viel und ist es auch, aber in Relation gesehen ist das ein Schnäppchen. Denn bei 23 Jahren Missionszeit inklusive Vorbereitung und ca. 500 Mio Europäerinnen und Europäern in ESA-Mitgliedsstaaten macht das für jeden von uns gerade einmal 14 Cent pro Jahr. Gemäß des Geo Return Verfahrens fließt das Geld ja auch zum größten Teil als Aufträge zurück in Unternehmen. Im Falle von JUICE waren das 116 Aufträge an 83 Unternehmen und 18 Einrichtungen mit insgesamt mehr als 2.000 Beschäftigten in 23 Ländern.
Internationale Beteiligung unter Führung der ESA
Beteiligt sind übrigens auch die NASA, die das UVS sowie Hardware für RIME und PEP beigesteuert hat; die JAXA, die Hardware für RPWI, GALA und PEP geliefert hat sowie die Israelische Raumfahrtagentur ISA, die Hardware für 3GM beigesteuert hat. Hauptverantwortlich für die Konstruktion war Airbus Defence and Space, die das Projekt wiederum sehr europäisch angegangen sind. So kommt die Struktur aus Spanien, die Treibstofftanks aus Großbritannien, die Software aus Frankreich, der Kabelbaum aus Polen und die Solarpanels aus den Niederlanden. Aus Deutschland stammt die Elektrotechnik und hier erfolgte auch die Montage, überprüft wurde JUICE in Frankreich.
Ein kritischer Punkt der Mission ist die Entfernung des Jupiters sowohl von der Sonne als auch von der Erde. Vom Jupiter aus gesehen leuchtet unser Heimatstern 25 Mal schwächer als auf unserem Planeten. Um trotzdem ausreichend Leistung zu generieren, wurden Solarpanels mit einer Gesamtfläche von 85m2 installiert. Das ist bei Raumsonden ein neuer Rekord. Zudem ist die Erde aus knapp 780 Mio. km Entfernung nicht mehr als ein kleiner Punkt, zu dem Daten zielgenau gesendet werden müssen. Dafür nutzt JUICE eine 2,5 Meter-Antenne, die Daten werden von Bodenstationen auf der ganzen Welt empfangen und dann zum Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) der ESA nach Darmstadt übertragen.
Anschließend werden diese in wissenschaftliche Rohdaten umgewandelt und von Wissenschaftsteams der jeweiligen Instrumente kalibriert. Danach erfolgt die Umwandlung in ein Standardformat, dieses wird dann im frei zugänglichen Planetary Science Archive PSA gespeichert. Von dort aus können Wissenschaftler:innen darauf zugreifen und die Daten auswerten. Bis es aber soweit ist, wird es noch einige Jahre dauern. Nach derzeitiger Planung wird die wissenschaftliche Mission rund 6 Monate vor Ankunft am Jupiter – im Januar 2031 – beginnen.
Wissenschaftliche Fragestellungen
- Wie verändern sich Temperaturen, Windmuster und Chemie in der oberen Atmosphäre des Jupiters im Laufe der Zeit?
- Warum schrumpft der Große Rote Fleck, wie sieht seine Zukunft aus und welche chemischen Prozesse finden in seinem Inneren statt?
- Wie reagiert die Atmosphäre des Jupiters auf Einschläge von Asteroiden und Kometen?
- Wie beeinflusst das gewaltige Magnetfeld des Jupiters die Bedingungen auf den Eismonden?
- Was kann uns die Beschleunigung von Teilchen im Magnetfeld des Jupiters über die grundlegende Physik vermitteln?
- Wie befördert das Magnetfeld des Jupiters den von den Vulkanen auf dem Jupitermond Io freigesetzten Schwefel und Sauerstoff zu den drei Eismonden?
- Warum gibt es mit 1:2:4 ein so stabiles Verhältnis zwischen den Umlaufbahnen von Ganymed, Europa und Io?
- Woraus bestehen die Ringe, wie alt sind sie und werden sie ständig erneuert?
- Wie und wo sind die kleineren Monde des Jupiters entstanden?
Erste Antworten wird es wohl frühestens in 10 Jahren Jahren geben. Ein kleines bisschen früher könnten wir Bilder von Jupiter und den drei Monden Europa, Callisto und Ganymed sehen. Ein genaues Datum steht zwar noch nicht fest, aber die ESA betont, dass es definitiv im Jahr 2032 sein wird. Um die Zeit bis dahin ein wenig zu überbrücken, sollen aber auch schon vorab Bilder veröffentlicht werden, die während der Reise entstehen.