Tschechische Republik unterzeichnet Artemis Accords
Published on Do, 04.05.2023 – 07:05 CEST in Politics, covering NASADie Eroberung des Weltraums ist immer auch ein Politikum. Das zeigt sich nicht zuletzt bei den Artemis Accords, die 2020 von der NASA in Abstimmung mit dem US-Außenministerium beschlossen wurden. Während einer feierlichen Zeremonie in Washington, D.C. unterzeichnete nun auch der tschechische Außenminister Jan Lipavský das Abkommen. Die Tschechische Republik ist damit das 24. Land, das den Artemis Accords beigetreten ist.
Glaubt man dem Marketing der NASA, dann sind die Artemis Accords der einzige Garant für die friedliche Eroberung des Weltraums. Und in der Tat lesen sich die Vereinbarungen auf den ersten Blick nach einem sinnvollen Update des Weltraumvertrages von 1967. Dieser Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper trat am 10. Februar 1971 auch in Deutschland in Kraft. Bis heute haben 110 Staaten den Weltraumvertrag ratifiziert und bekennen sich damit zur Einhaltung grundsätzlicher Prinzipien im Weltall. Unter anderem, im Notfall einander zu helfen, keine Kernwaffen ins All zu bringen und keine fremden Himmelskörper in Anspruch zu nehmen.
Der Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper unterliegt keiner nationalen Aneignung durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel.
Artikel II, Weltraumvertrag (1967)
Artemis Accords sind eine Wette auf die Zukunft der Menschheit im All
Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. So ist unter anderem in Abschnitt 10 (Weltraumressourcen) zu lesen, “dass die Gewinnung von Weltraumressourcen nicht per se eine nationale Aneignung gemäß Artikel II des Weltraumvertrags darstellt und dass Verträge und andere Rechtsinstrumente, die sich auf Weltraumressourcen beziehen, mit diesem Vertrag in Einklang stehen sollten.” So hindert unter anderem dieser Passus viele sich dem Weltraumvertrag verpflichtet fühlenden Staaten daran, den Artemis Accords beizutreten. Auf der anderen Seite gibt es Staaten, denen sich mit der Unterzeichnung der Vereinbarung die Möglichkeit bietet, zur Raumfahrtnation aufzusteigen. Dabei dürften nicht nur die geplanten Mondlandungen im Rahmen der Artemis Missionen eine Rolle spielen, sondern auch der Zugang zu Weltraumressourcen.
Space Mining bringt neue Möglichkeiten – und birgt Konfliktpotenzial
Es mag zwar derzeit noch nach Science Fiction klingen, Weltraumbergbau zu betreiben oder Rohstoffe auf Asteroiden abzubauen. Doch Space Mining gewinnt hinsichtlich der geplanten dauerhaft bewohnten Stationen auf dem Mond und zukünftig dem Mars zunehmend an Relevanz. Denn ganz gleich, wo sich Menschen im All ansiedeln, ohne eigens gewonnenes Wasser, selbst erzeugten Sauerstoff oder selbst angebaute Lebensmittel bleiben sie von der Erde abhängig. Ebenso sieht es mit den Materialien für den Bau der Habitate, Fortbewegungsmitteln oder Werkzeugen aus. Obwohl bislang unklar ist, wem die im All gewonnenen Ressourcen gehören werden, sichern sich die den Artemis Accords beigetretenen Staaten im Zweifelsfall die Rückendeckung der NASA bzw. der USA. Was diese im Fall der Fälle jedoch wert ist, wird sich dann zeigen müssen.
Tschechische Republik erhofft sich Zusammenarbeit in der Raumfahrt
Zugegebenermaßen kann man die Unterzeichner der Artemis Accords nicht unbedingt als Who’s who der internationalen Raumfahrt bezeichnen. Doch mit jedem neuen Mitglied steigt potenziell die Chance, dass sich ein schlagkräftiges Netzwerk bildet. Auf dieses setzt auch Tschechien: “Ich betrachte dies als eine historische Unterschrift. Wir schließen uns unseren gleichgesinnten Partnern an, um die friedliche, kooperative und nachhaltige Erforschung des Weltraums voranzutreiben”, sagte Außenminister Jan Lipavský in Washington. “Tschechiens Raumfahrt-Ökosystem hat viel zu bieten. Wir glauben, dass diese Unterzeichnung den Startschuss für die Entwicklung einer institutionellen und industriellen Zusammenarbeit innerhalb der Artemis-Gemeinschaft sowie direkt zwischen Tschechien und den USA im Bereich der Raumfahrtaktivitäten geben wird.”
Wir leben in einem goldenen Zeitalter der Erforschung. Die Zeiten, in denen eine Nation allein den Kosmos erforschte, sind vorbei.
Bill Nelson, NASA-Administrator
Der NASA-Administrator, Politiker und ehemalige Astronaut (STS-61C) Bill Nelson spart indes nicht mit heroischen Worten. Ihm zufolge leben wir nicht nur in einem goldenen Zeitalter, sondern erleben auch den Beginn einer neuen Ära. “Zusammen mit den anderen Unterzeichnern des Artemis-Abkommens setzen die Vereinigten Staaten und die Tschechische Republik einen Standard für die Erforschung und Nutzung des Weltraums im 21. Jahrhunderts. Wenn wir gemeinsam forschen, werden wir friedlich, sicher und transparent forschen,” sagte der 81-Jährige. Mit wir meinte er dabei keinesfalls nur die Vereinigten Staaten und Tschechien. Denn in den nächsten Monaten und Jahren sollen weitere Staaten dem Abkommen beitreten. Welche wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Vorteile das bringt, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber schon heute ist klar, dass es sich zumindest aus Sicht des Marketings lohnt.
Unterzeichner der Artemis Accords
# | Staat | Beitritt |
---|---|---|
1 | Vereinigte Staaten von Amerika* | 13. OKT 2020 |
2 | Australien* | 13. OKT 2020 |
3 | Kanada* | 13. OKT 2020 |
4 | Italien* | 13. OKT 2020 |
5 | Japan* | 13. OKT 2020 |
6 | Luxemburg* | 13. OKT 2020 |
7 | Vereinigte Arabische Emirate* | 13. OKT 2020 |
8 | Vereinigtes Königreich* | 13. OKT 2020 |
9 | Ukraine | 12. NOV 2020 |
10 | Südkorea | 24. MAI 2021 |
11 | Neuseeland | 31. MAI 2021 |
12 | Brasilien | 15. JUN 2021 |
13 | Polen | 26. OKT 2021 |
14 | Mexiko | 09. DEZ 2021 |
15 | Israel | 26. JAN 2022 |
16 | Rumänien | 01. MÄR 2022 |
17 | Bahrain | 07. MÄR 2022 |
18 | Singapur | 28. MÄR 2022 |
19 | Kolumbien | 10. MAI 2022 |
20 | Frankreich | 07. JUN 2022 |
21 | Saudi-Arabien | 14. JUL 2022 |
22 | Ruanda | 13. DEZ 2022 |
23 | Nigeria | 13. DEZ 2022 |
24 | Tschechische Republik | 03. MAI 2023 |