DLR sucht terrestrische Astronaut:innen für Bettruhe-Studie
Published on Di, 17.01.2023 – 11:34 CET in R&D, covering DLRAm 1. Mai 2023 beginnt die vierte und letzte Kampagne der NASA-Studie SANS-CM. Dafür sucht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Proband:innen, die als terrestrische Astronaut:innen die raumfahrtmedizinische Forschung unterstützen. Als Aufwandsentschädigung für 30 Tage in 6-Grad-Kopftieflage gibt es 11.000 Euro.
Die astronautische Raumfahrt ist zweifelsohne der spektakulärste Teil, wenn es um Missionen im All geht. Am 12. April 1962 flog Juri Gagarin als erster Mensch in den Weltraum, ihm folgten bisher aber nur 627 weitere (Stand November 2022). Nicht besonders viele, wenn es darum geht, die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper zu verstehen. Um jedoch für künftige Missionen zum Mond oder irgendwann zum Mars gewappnet zu sein, werden daher regelmäßig Studien durchgeführt. So sollen bereits auf der Erde körperliche Veränderungen untersucht und mögliche Gegenmaßnahmen entwickelt werden.
Wie man nach sechs Jahrzehnten astronautischer Raumfahrt weiß, führt der Wegfall der Schwerkraft zu einer Reihe physiologischer Veränderungen im Körper. Muskeln und Knochen werden abgebaut, Körperflüssigkeiten verschieben sich in Richtung Kopf, was wiederum Auswirkungen auf die Augen haben kann. Ähnliches kann man bei bettlägerigen Personen beobachten, die bereits ab dem zweiten Tag der Bettruhe eine erhöhte Knochenabbaurate zeigen. Ziel ist es nun, vorbeugende Maßnahmen oder Gegenmaßnahmen zu entwickeln, die die negativen Effekte der Schwerelosigkeit mindern.
Simulierte Schwerelosigkeit durch 30 Tage Bettruhe
Aktuell läuft in der luft- und raumfahrtmedizinischen Forschungsanlage :envihab der ESA in Köln-Porz die Studie „Spaceflight-Associated Neuro-ocular Syndrome (SANS)-Countermeasures (SANS-CM): “Sehstörungen und neurologische Veränderungen nach Aufenthalten im Weltraum – eine Studie möglicher Gegenmaßnahmen”. Drei Kampagnen gab es bereits, Anfang Mai 2023 startet die vierte und letzte. Dafür sucht das DLR deutschsprachige Probanden, die sich für insgesamt 30 Tage im Bett in eine 6-Grad-Kopftieflage begeben. In dieser zunächst etwas unangenehmen und gewöhnungsbedürftigen Position lässt sich die Schwerelosigkeit simulieren. Denn das Blut fließt verstärkt in Richtung Kopf, woran sich der Kreislauf jedoch schnell gewöhnt. Langfristige Schäden müssen Proband:innen nicht befürchten, denn die körperlichen Veränderungen sind reversibel. Um ihnen bereits während der 30-tägigen Bettruhe entgegenzuwirken, wird in dieser Kampagne ein Liegend-Fahrradergometer eingesetzt.
Das “ganz normale Leben” wird auf den Kopf gestellt
Wer sich bewerben will, muss 59 Tage Zeit mitbringen – solang dauert die Studie insgesamt. Außerdem gilt es, folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- gesunde Männer/Frauen/Diverse zwischen 24 und 55 Jahren
- Nichtraucher
- Körpergröße: 153-190 cm, BMI: 19-30 kg/m2
- vollständiger Covid19-Impfschutz zu Studienbeginn
Wer nach der erfolgreichen Bewerbung als Proband:in ausgewählt wurde, startet mit einer 15-tägigen Eingewöhnungsphase. Dieser folgt die 30-tägige Bettruhe, in der sämtliche Aktivitäten des “normalen Lebens” im Liegen stattfinden. Also auch Duschen, Essen, die Freizeitgestaltung sowie der Gang auf Toilette. Damit der Kopf immer um 6° nach unten geneigt bleibt, gibt es kein Kopfkissen. Und damit niemand schummelt, wird die korrekte Körperhaltung permanent per Kamera überwacht. Wer so 30 Tage (unter ärztlicher Aufsicht) überstanden hat, kann sich auf eine 14-tägige Erholungsphase freuen.
Die Bettruhe-Kampagne läuft von Anfang Mai bis Ende Juni 2023, Nachuntersuchungen finden im September 2023 sowie im Dezember 2024 statt. Die insgesamt 11.000 Euro Vergütung werden gestaffelt ausgezahlt. Je 5.148 Euro gibt es nach der Hälfte bzw. dem vollständigen Abschluss der stationären Phase sowie je 352 Euro für jede der beiden Nachuntersuchungen. Bewerbungen sind über die Website des DLR-Projektträgers möglich.