Deutschland unterzeichnet Artemis Accords
Published on Fr, 15.09.2023 – 16:46 CEST in Politics, covering NASANach langem Zögern unterzeichnete der Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur DLR, Dr. Walther Pelzer, in Washington die Artemis Accords. Deutschland ist damit der 29. Staat, der sich der internationalen Initiative unter Führung der USA anschloss.
Washington – Nun also doch: Deutschland ist offiziell Mitglied der Artemis Accords. Am 14. September 2023 um 19:41 Uhr Ortszeit unterzeichnete Dr. Walther Pelzer die Artemis Accords für Deutschland. Mit ihm nach Washington war auch die Luft- und Raumfahrtkoordinatorin Dr. Anna Christmann gereist. An der Zeremonie nahmen zudem Andreas Michaelis (Deutscher Botschafter in Washingten) sowie NASA-Chef Bill Nelson teil. Beim obligatorischen Fotoshooting waren unter anderem auch die beiden deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer anwesend.
Immer wieder war darüber spekuliert worden, ob und wann Deutschland dem Abkommen beitreten wird. Haupthinderungsgrund waren lange Zeit einzelne Passagen in den Artemis Accords, mit denen die USA Kritiker:innen zufolge ihre Vormachtstellung ausbauen wollen. Wie Uwe Gradwohl, Raumfahrtexperte der Wissenschaftsredaktion des SWR betont, hat man viel Zeit auf die rechtliche Prüfung verwendet. Weitaus schneller waren hingegen Länder wie zum Beispiel Ruanda, Nigeria oder Rumänien, die bereits Mitglieder sind. Deutschland hingegen habe sich lange Zeit in einer Vermittlerrolle gesehen. Diese hat sich allerdings spätestens seit Russlands Krieg gegen die Ukraine erübrigt. So wundert es auch nicht, dass Russland genauso wenig den Artemis Accords beitreten darf wie China. Letzterem hat übrigens der amerikanische Kongress einen Riegel vorgeschoben. Dass Deutschland an Bord ist, wird hingegen sehr positiv aufgenommen.
“Ich freue mich sehr, Deutschland in der Familie der Artemis Accords willkommen zu heißen”
NASA-Administrator Bill Nelson betont, dass Deutschland seit langem einer der engsten und fähigsten internationalen Partner der NASA sei. Und die Unterzeichnung zeige, dass es jetzt und auch in Zukunft eine führende Rolle einnehmen werde. Die Zukunft sei geprägt von grenzenlosen Möglichkeiten im Weltraum und dem Versprechen des guten Willens auf der Erde. In diese Kerbe schlägt auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Dem BMWK zufolge befinde sich Deutschland nun mit 28 Staaten in einer Gemeinschaft, “die sich zu einer friedlichen, sicheren, transparenten und nachhaltigen Erforschung des Mondes und anderer Himmelskörper bekennen.”
Nachhaltige Raumfahrt ist für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Dieses Anliegen werden wir auch in der neuen Raumfahrtstrategie der Bundesregierung, die gerade erarbeitet wird, noch einmal betonen. Dafür ist es essentiell, dass wir im multilateralen Dialog das internationale Weltraumrecht weiterentwickeln und gemeinsame Grundsätze für nachhaltige Raumfahrt festlegen. Die von den USA vorgelegten Artemis Accords sind hier ein wichtiger Diskussionsbeitrag, den wir gerne unterstützen.
Dr. Anna Christmann, Koordinatorin für Luft- und Raumfahrt
Es bleiben Fragen zur rechtlichen Lage
Zu diskutieren gibt es in der Tat noch Einiges. Denn auch wenn der Beitritt Deutschlands aus raumfahrtstrategischer Sicht keine Sekunde zu früh kommt, bleiben Fragen offen. Zum Beispiel, wie man mit den selbst unter Rechtsexperten nicht unkritischen Punkten umgeht. Dazu gehören zum Beispiel die so genannten “Sicherheitszonen”, die in Abschnitt 11 (Konfliktvermeidung von Weltraumaktivitäten), Punkt 7 ff. beschrieben werden. Diese Formulierungen könnten – so Kritiker:innen – der Einstieg in die Aneignung von fremden Himmelskörpern sein. Genau diese ist jedoch laut des 1967 beschlossenen Weltraumvertrages verboten. Dass eine Anpassung an die Begebenheiten der modernen Raumfahrt mehr als geboten ist, ist ebenso klar, wie es auf einem anderen Blatt steht.
Fliegen deutsche Astronaut:innen bald zum Mond?
Die Auswirkungen auf die deutsche Raumfahrt werden sich indes vorerst in Grenzen halten. Zumal in Bremen mit dem European Service Module ESM bereits Komponenten für zukünftige Mondmissionen gefertigt werden. Wie stark die Chance gestiegen ist, dass bei einer der kommenden Missionen auch deutsche Astronaut:innen dabei sind, wird sich noch zeigen. Mit Alexander Gerst und Matthias Maurer kann Deutschland zumindest mit erfahren Raumfahrern aufwarten. Längst überfällig ist jedoch der Start einer ersten deutschen Astronautin.
Weiter sind da die Amerikaner. Schon jetzt wird in der Werbekampagnen immer wieder betont, dass bei der nächsten Mondlandung eine Frau dabei sein wird – und der erste nicht-weiße Mann. Und auch die Crew von Artemis II – der ersten astronautischen Mission in einem Mondorbit – ist divers aufgestellt. Mit dabei sein wird mit NASA-Astronautin Christina Hammock Koch die Frau mit dem bislang längsten Weltraumaufenthalt (328 Tage). Und Victor Glover darf als erster nicht-weißer Mann die Mondoberfläche von der Nähe aus sehen. Ob irgendwann auch eine deutsche Flagge auf dem Mond gehisst werden wird, bleibt abzuwarten. Aber der Beitritt zu den Artemis Accords macht die Tür dafür zumindest ein kleines Stückchen weiter auf. Getreu dem Motto: Lieber spät als nie.
Unterzeichner der Artemis Accords
# | Staat | Beitritt |
---|---|---|
1 | Vereinigte Staaten von Amerika* | 13. OKT 2020 |
2 | Australien* | 13. OKT 2020 |
3 | Kanada* | 13. OKT 2020 |
4 | Italien* | 13. OKT 2020 |
5 | Japan* | 13. OKT 2020 |
6 | Luxemburg* | 13. OKT 2020 |
7 | Vereinigte Arabische Emirate* | 13. OKT 2020 |
8 | Vereinigtes Königreich* | 13. OKT 2020 |
9 | Ukraine | 12. NOV 2020 |
10 | Südkorea | 24. MAI 2021 |
11 | Neuseeland | 31. MAI 2021 |
12 | Brasilien | 15. JUN 2021 |
13 | Polen | 26. OKT 2021 |
14 | Mexiko | 09. DEZ 2021 |
15 | Israel | 26. JAN 2022 |
16 | Rumänien | 01. MÄR 2022 |
17 | Bahrain | 07. MÄR 2022 |
18 | Singapur | 28. MÄR 2022 |
19 | Kolumbien | 10. MAI 2022 |
20 | Frankreich | 07. JUN 2022 |
21 | Saudi-Arabien | 14. JUL 2022 |
22 | Ruanda | 13. DEZ 2022 |
23 | Nigeria | 13. DEZ 2022 |
24 | Tschechische Republik | 03. MAI 2023 |
25 | Spanien | 30. MAI 2023 |
26 | Ecuador | 21. JUN 2023 |
27 | Indien | 22. JUN 2023 |
28 | Argentinien | 27. JUL 2023 |
29 | Deutschland | 14. SEP 2023 |