Neutron Star Systems erhält SpaceWERX Orbital Prime-Contract
Published on Mi, 09.11.2022 – 14:28 CET in Upstream, covering Neutron Star SystemsBereits im August 2022 schaffte das deutsche NewSpace-Startup einen wichtigen Schritt in Richtung Vereinigte Staaten. Dass das Kölner Unternehmen in der amerikanischen Raumfahrtindustrie eine entscheidende Rolle spielen könnte, ist jedoch nicht selbstverständlich. Denn die nationale Verteidigung ist – wie überall anders auf der Welt auch – Angelegenheit höchster staatlicher Institutionen. Im Rahmen von Technologietransfers öffnen sich jedoch Türen, die auch für Neutron Star Systems durchaus relevant sind.
AFWERX – SPACEWERX – SPACE PRIME – ORBITAL PRIME
Um die Innovationskultur innerhalb der Streitkräfte zu fördern, rief die United States Air Force im Juli 2017 das Programm AFWERX ins Leben. Ein Teil davon ist SpaceWERX, der sich selbst als “Innovationsarm der U.S. Space Force” bezeichnet. Dessen Aufgabe ist es wiederum, die Anforderungen der Streitkräfte mit kommerziellen Innovationen der Raumfahrt zu verbinden. Damit dies auch gelingen kann, summiert sich unter den drei Überschriften “Space Venture”, “Space Spark” und “Space Prime” eine Vielzahl von Programmen. Das erste Space Prime-Projekt trägt den Titel “Orbital Prime” und widmet sich einem besonders akuten Problem: Weltraumschrott.
250.000 US-Dollar Budget und 5 Monate Zeit
Ziel ist es, den Markt für “On-orbit Servicing, Assembly, and Manufacturing” (OSAM, dt. ‘In-Orbit-Services, Montage und Fertigung’) zu beleben. Dafür soll innerhalb von zwei bis vier Jahren ein Anwendungsfall demonstriert werden, mit dem Weltraumschrott aktiv aus dem Orbit entfernt wird. Für die so genannte “Active Debris Remediation” (ADR, dt. ‘aktive Trümmerbeseitigung’) schloss SpaceWERX im Rahmen des Orbital Prime-Programms vom 15. Juni bis zum 22. September 2022 insgesamt 124 Verträge. Davon entfallen rund fünf Dutzend auf Forschungseinrichtungen, die restlichen auf Unternehmen. Eines davon ist Neutron Star Systems USA LLC, der amerikanische Ableger des Kölner Start-ups. In der ersten Phase des Programms haben die Verträge eine Laufzeit von jeweils fünf Monaten und sind mit jeweils 250.000 US-Dollar dotiert.
Neutron Star Systems setzt auf 60 Jahre alte Hightech
Bereits seit den 1960er Jahren wird an einem Antrieb für Raumfahrzeuge, wie zum Beispiel Satelliten, gearbeitet, der auf dem Prinzip der elektromagnetischen Beschleunigung basiert. Zur Anwendung gekommen ist dieser jedoch bisher nur in sehr überschaubarem Maße – vorangetrieben vor allem durch Japan und die ehemalige Sowjetunion. Die Fachbezeichnung für dieses Prinzip lautet “Superconductor based Readiness Enhanced Magnetoplasmadynamic Electric Propulsion thruster” – Supraleiterbasiertes, hochleistungsfähiges magnetoplasmadynamisches elektrisches Antriebssystem. Eine Bezeichnung, die selbst geübten Sprecher:innen nur schwer über die Lippen kommt, wie auch Neutron Star Systems auf seiner Website schreibt. Mit der Abkürzung SUPREME fällt dies schon leichter, auch wenn das Prinzip dahinter deswegen nicht einfacher erklärt ist.
Im Kern lässt sich jedoch sagen, dass der Vorteil dieser Technologie in der Kombination von industriell ausgereiften Hochtemperatur-Supraleitern und der Magnetoplasmadynamic Thruster-Technologie liegt. Laut Neutron Star Systems eignet sich dieser Antrieb sowohl für Mission im nahen Erdorbit als auch zum Mond oder gar zum Mars.
Bis zur Marktreife und dem großflächigen Einsatz wird indes noch einige Zeit vergehen. Zwar hilft der Orbital Prime-Contract, die Entwicklung weiter voranzutreiben, das allein wird aber nicht ausreichen. Dass das kein Phänomen ist, mit dem das deutsche NewSpace Startup allein da steht, weiß man auch in den USA. Daher werden alle Preisträger der ersten Phase aufgefordert, sich zu Beginn des nächsten Jahres für die Phase 2 zu bewerben. Diese wird dann 15 Monate dauern und ist mit maximal 1,5 Millionen US-Dollar dotiert. Und bestenfalls wird damit der Weg frei in Phase 3, die laut SpaceWERX strategische Finanzierungsmöglichkeiten bietet. Über welche Summen dann verhandelt wird, bleibt bislang unklar. Fakt ist aber, dass sich die Vereinigten Staaten die Verteidigung ihrer nationalen Interessen und Infrastruktur einiges kosten lassen – bestenfalls mit Technologie aus Deutschland.