Senkrechtstarter

Senkrechtstarter News 25/2023

Diese Space News wurde veröffentlicht am Mo, 19.06.2023 – 17:41 CEST in Zusammenarbeit mit Senkrechtstarter
Dieser Beitrag in aller Kürze
Raketenstarts der vergangenen Woche
Deutsche Satelliten EIVE und FOREST-2 an Bord von SpaceX Transporter 8
Letzter Start der Ariane 5 auf unbestimmte Zeit verschoben
Weiterhin Probleme bei Boeing Starliner
Internationale Raumstation ISS – Zweite iROSA EVA erfolgreich beendet
NASA forciert Entwicklung neuer Raumstation(en)
Vast setzt auf Erfahrung von SpaceX-Veteran Tom Mueller
Neuer Rekord für SpaceX
Starship statt Raumstation?!
Ruhe vor dem Sturm in Starbase, TX

Raketenstarts der vergangenen Woche

Starlink Mission, Official SpaceX Photos
Gestartet am Mo, 12.06.2023 - 09:10 CEST

Starlink Group 5-11 · Falcon 9 Block 5 · SLC-40, Cape Canaveral SFS, Florida, USA

Am Montagmorgen, dem 12. Juni, ist von Cape Canaveral (Florida, USA) aus eine Falcon 9 gestartet. An Bord waren 52 Starlink-Internetsatelliten V1.5 mit jeweils 800 kg Masse. Dies war der 9. Flug des Boosters B1073, der nach dem Start erfolgreich auf dem Autonomous spaceport drone ship Just Read The Instructions landete.

Transporter Mission, Offficial SpacX Photos
Gestartet am Mo, 12.06.2023 - 23:35 CEST

Transporter 8 · SpaceX Falcon 9 Block 5 · SLC-4E, Vandenberg SFB, California, USA

Ebenfalls am Montag, den 12. Juni 2023, ist kurz vor Mitternacht deutscher Zeit von der Vandenberg Space Force Base eine weitere Falcon 9 (B1071) gestartet. An Bord der bereits 8. Rideshare-Mission waren diesmal 72 Einzelnutzlasten, die in den Low Earth Orbit auf eine polare Umlaufbahn gebracht wurden. Erfreulich ist der geglückte Start auch aus deutscher Sicht, denn mit dabei waren der CubeSat EIVE der Uni Stuttgart und Forest-2 von OroraTech.

Jilin-1, S.L. Kanthan
Gestartet am Do, 15.06.2023 - 07:30 CEST

Jilin-1 · Long March 2D · LC-9, Taiyuan Satellite Launch Center, China

Am Donnerstag, den 15. Juni, startete von Taiyuan aus eine Langer Marsch 2D. An Bord waren 41 Jilin-1 Erdbeobachtungssatelliten. Jilin ist mit aktuell 130 Satelliten im Orbit die derzeit größte chinesische kommerzielle Konstellation, die von der chinesischen Regierung großzügig finanziert wird.

Deutsche Satelliten EIVE und FOREST-2 an Bord von SpaceX Transporter 8

Künstlerische Darstellung des 6U CubeSats EIVE, © Universität Stuttgart

EIVE – Exploratory In-Orbit Verification of an E/W-Band Satellite Communication Link

Mit Transporter 8 startete auch ein 6U-Cubesat der Universität Stuttgart ins All. Ziel seiner Mission ist die weltweit erste In-Orbit-Demonstration einer Kommunikationsstrecke im E-Band (Daten-Downlink im Frequenzbereich 71-76 GHz). Als Nutzlasten sind ein E-Bandtransmitter, eine Videokamera und multiMIND – eine digitale Verarbeitungseinheit – auf dem Satelliten installiert.

FOREST-2 – Fire Observation and Recognition Experimental SmallSat Thermal Detector

Eine weitere deutsche Nutzlast der SpaceX Transporter 8-Mission war FOREST-2. Der ebenfalls 6U große Cubesat von OroraTech ist der nächste Schritt hin zu einer Konstellation, mit der sich Waldbrände frühzeitig erkennen lassen.

Künstlerische Darstellung des 6U-Cubesats FOREST-2, © OroraTech

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Internationale Raumfahrt

Ariane 5, Rollout zum Launchpad; © ESA – S. Corvaja

Letzter Start der Ariane 5 auf unbestimmte Zeit verschoben

Es hätte das Highlight der Woche sein sollen, fiel aber aufgrund einer Anomalie bei einer Abnahmeprüfung ins Wasser. Wie Arianespace mitteilte, sei diese bereits am 9. Juni 2023 in einem anderen Raketenprogramm aufgetreten. Ob es sich dabei um den Nachfolger Ariane 6 handelt, ist derzeit nicht bekannt.

Der Fehler trat jedoch an einer Datenleitung für die Pyrotechnische Trennung auf. Daraufhin wurde an der letzten Ariane 5 eine Röntgeninspektion durchgeführt. Diese Untersuchung führte zum Verdacht, dass drei der Leitungen, die mit der Trennung der Feststoffbooster in Verbindung stehen, nicht in Ordnung sind. Zwar gäbe es Redundanzen, aber es würde gegen die eigenen Standards verstoßen, ohne die Redundanzen zu starten. Alle verdächtigen Leitungen sollen nun vor einem möglichen Start getauscht werden. Wie aufwändig das ist oder wann mit einem Start (VA261) gerechnet werden kann, ist nicht bekannt.

Weiterhin Probleme bei Boeing Starliner

Der Starliner von Boeing bleibt auch weiterhin ein Sorgenkind der astronautischen Raumfahrt. Für Juli 2023 war geplant, dass das Raumschiff mit einer Atlas-V-Rakete der United Launch Alliance vom Space Launch Complex-41 auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida starten und etwa eine Woche später in White Sands, New Mexico, zurückkehren wird. Wann es jedoch soweit sein wird, ist derzeit nicht bekannt. Für die US-amerikanische Raumfahrt ist das ein herber Rückschlag, denn eigentlich sollte der Starliner eine sichere Bank für Flüge zur Internationalen Raumstation ISS werden.

Insgesamt hat die NASA bereits fünf Milliarden Dollar über die Programme COTS (Commercial Orbital Transportation Services), CCDev (Commercial Crew Development) und CCiCap (Commercial Crew integrated Capability) investiert. Doch immer wieder verhindern Probleme bei der Entwicklung den regulären Einsatz des Raumschiffes. Eric Berger von Ars Technica sieht für den Starliner daher nur drei Möglichkeiten.

Boeing CST-100 Starliner, © NASA

Option 1

Boeing wendet weiter massiv eigene Mittel auf.

So könnte ein Testflug mit NASA-Astronauten ermöglicht werden.

Option 2

Boeing beendet das Starliner-Programm.

Das wiederum würde zwar Boeings Verluste in Grenzen halten, aber auch bedeuten, dass sich das Unternehmen mit Hauptsitz in Chicago seinem Konkurrenten SpaceX geschlagen geben müsste. Zudem müsste wohl ein Teil der von der NASA erhaltenen Gelder zurückgezahlt werden.

Option 3

Boeing erhöht seine Investitionen in den Starliner.

Das erfordere laut Berger ein erhebliches Engagement von Boeing und es bestehe zumindest das Risiko, am Ende nur dort anzukommen, wo SpaceX mit seiner Crew Dragon bereits ist.

Trotz Rückschlägen wichtiges Programm

Wie Eric Berger resümiert, würde sich Boeing rückblickend nicht noch einmal auf das kommerzielle Crew-Programm der NASA einlassen würde. Dies hätte jedoch fatale Folgen gehabt. Denn wäre Boeing nicht 2009 in das Programm eingestiegen, hätte die US-Politik das Programm nicht ermöglicht. In der Folge hätte die US-Raumfahrtbehörde heute nicht die Fähigkeiten, die SpaceX mit dem Crew Dragon bereitstellen kann. Denn dessen Entwicklung wurde mit 2,6 Milliarden Dollar ebenfalls durch das CCDev gefördert. Allerdings waren zum damaligen Zeitpunkt die wenigsten Expert:innen davon ausgegangen, dass SpaceX einen sicheren und zuverlässigen Transport von Crews bereitstellen kann. Wie sich heute zeigt, ist das Unternehmen um Elon Musk jedoch derzeit der einzige Anbieter, der eine US-amerikanische astronautische Raumfahrt von amerikanischen Boden aus anbieten kann.


Aktuelle und zukünftige Raumstationen

NASA-Astronaut Stephen Bowen beim Weltraumspaziergang (EVA) an der ISS; © NASA

Internationale Raumstation ISS – Zweite iROSA EVA erfolgreich beendet 

Bereits in der vergangenen Woche wurde das erste der beiden iROSA Solarpanel (International Space Station Roll Out Solar Arrays) installiert. In dieser Woche folgte das zweite Modul an Power Channel 1B. Dafür verließen erneut die beiden NASA-Astronauten Stephen Bowen und Woody Hoburg die Internationale Raumstation zur EVA-88. Am 15. Juni 2023 passierten sie um 14:42 MESZ die Quest-Luftschleuse und kehrten um 20:17 MESZ zurück. Der 5 Stunden und 35 Minuten lange Außeneinsatz war bereits Bowens zehnter und machte ihn mit nun insgesamt 65h 57min im freien All zum dritt-erfahrensten Spacewalker. Vor ihm liegen lediglich noch der US-Amerikaner Michael López-Alegría (67h 40min) und der Russe Anatoli Jakowlewitsch Solowjow (78h 48min).

ISS mit iROSA Solar Arrays; © NASA/Boeing

Anders als ursprünglich geplant gab die NASA bekannt, dass auch die letzten beiden Solar Panels der alten Generation mit den neuen iROSA Arrays überdeckt werden sollen. Dies soll allerdings erst im Jahr 2025 erfolgen. Der ursprüngliche Plan, sechs der acht Solarpanels mit den neuen und effizienten iROSA Panels zu überdecken, wurde mit EVA-88 abgeschlossen.

NASA forciert Entwicklung neuer Raumstation(en)

Mit dem geplanten Ende der Internationalen Raumstation ISS will die NASA auch ihre direkte Beteiligung an Raumstationen beenden. Stattdessen will die US-Raumfahrtbehörde ab vermutlich 2031 kommerzielle Raumstationen als Kunde nutzen. Diese gilt es jedoch erst einmal zu entwickeln und in den Orbit zu bringen. Bereits 2020 hat die NASA Axiom Space, um ein bewohnbares kommerzielles Modul an der ISS bereitzustellen. Dies soll die Grundlage für eine spätere eigenständige Raumstation sein. Im Dezember 2021 vergab die NASA dann sowohl an Blue Origin als auch an Nanoracks und Northrop Grumman Verträge zur Entwicklung frei fliegender Raumstationen.

Nun wurden in einem Folgeprogramm sieben weitere US-Unternehmen ausgewählt, um weitere künftige kommerzielle und staatliche Anforderungen für astronautische Missionen im niedrigen Erdorbit zu ermöglichen. Im Rahmen der Collaborations for Commercial Space Capabilities 2 werden Blue Origin, Dulles, Northrop Grumman, Sierra Space, SpaceX, Special Aerospace Services, ThinkOrbital und Vast gefördert. Doch statt Geld steuert die NASA Fachwissen zur Entwicklung bei und fungiert daneben als Berater. So sollen mit minimalen Ressourcen seitens der Regierung große Effekte für die Entwicklung einer robusten privaten Raumfahrtwirtschaft erzielt werden.


Vast setzt auf Erfahrung von SpaceX-Veteran Tom Mueller

Das erst 2021 gegründete Unternehmen Vast Space LLC (Vast) will schon im August 2025 ein erstes Modul in den Orbit schicken. Getauft wurde es auf den Namen Haven-1 und mutet im Vergleich mit der ISS eher klein an. Allerdings scheint es durchaus realistisch, dass das 120-köpfige Team rund um die Gründer Jed McCaleb, Max Haot und Krystle Caponio ihren straffen Zeitplan einhalten kann. Zum Launch des Moduls setzt Vast auf eine Falcon 9 Block 5, in deren Nutzlastverkleidung das Modul Platz findet.

Haven-1 in Falcon 9 Nutzlastverkleidung, © Vast

Doch das ist nicht die einzige Verbindung zu SpaceX. Wie jetzt bekannt wurde, soll die Lageregelung von Haven-1 durch Impulse sichergestellt werden. CEO dieses Unternehmens ist niemand geringeres als Tom Mueller, der in der Raumfahrtgemeinschaft als der Vater SpaceX-Treibwerke Merlin und Draco gilt. Beide Unternehmen wollen laut Pressemitteilung eng zusammenarbeiten, um das Antriebssystem als zentrales Teilsystem von Haven-1 zu integrieren.

Eine besondere Herausforderung in der astronautischen Raumfahrt sind die verwendeten Treibstoffe. Weit verbreitet ist eine Kombination von Hydrazin und Distickstofftetroxid. Diese weisen jedoch eine hohe Toxizität auf und können sich an den Außenseiten von Raumstationen ablagern, was insbesondere nach Außeneinsätzen ins Innere von Stationen getragen werden kann. Daher soll bei Haven-1 ungiftiges Ethan und als Oxidator Lachgas zum Einsatz kommen.


SpaceX News

Neuer Rekord für SpaceX

Mit dem Start von Transporter 8 feierte SpaceX in dieser Woche einen neuen Rekord. Nicht war es nur der 232. erfolgreiche Launch einer Falcon 9 und die 126. erfolgreiche Landung am Stück, sondern auch die 200. Landung eines Boosters. Damit sollte nun selbst den größten Skeptikern widersprochen sein, die immer wieder anmerken, dass sich Wiederverwendbarkeit in der Raumfahrt nicht lohne. Vor allem in Europa hielt und hält sich diese Einstellung bisweilen hartnäckig. Das ging nicht nur auf Kosten der Startkapazitäten, sondern schmälerte auch das Vertrauen in die europäische Raumfahrt. Um im globalen Wettstreit noch einigermaßen den Anschluss halten – oder wiedergewinnen – zu können, sollte die ablehnende Einstellung zur Wiederverwendbarkeit dringend überdacht werden. Besonders deutlich wird das beim Blick darauf, dass 167 von 232 Flügen der Falcon 9 mit Boostern durchgeführt wurden, die bereits einen Start und eine Landung absolviert hatten.

Starship statt Raumstation?!

Im Rahmen des Programms Collaborations for Commercial Space Capabilities 2 erhält SpaceX zwar ideelle Förderung der NASA, fokussiert sich laut Elon Musk aber weiterhin auf die Entwicklung des Starships. Laut NASA arbeitet SpaceX nun gemeinsam mit der NASA an einer integrierten Architektur für die niedrige Erdumlaufbahn. Konkret soll es zum einen um die kurzfristige Evolution des Raumschiffs Dragon gehen. Gleichzeitig aber auch um das Starship als Transportsystem, welches auch als Ausflugsziel dienen soll. Mit seinen über 100 t Nutzlast und einem Nutzlastvolumen in der Größenordnung des ISS-Innenraums sind diese Überlegungen mehr als naheliegend. 

Aktuell ist der Nutzen der ISS stark von den vorhandenen Kapazitäten und der Hardware bestimmt. Dies könnte mit den Starship-Fähigkeiten schnell geändert und angepasst werden kann. In Verbindung mit der von SpaceX geplanten massiven Kostensenkung könnte das für Forschung, Entwicklung, Fertigung und Tourismus ein Gamechanger werden.

Ruhe vor dem Sturm in Starbase, TX

Laut einem Tweet von Elon Musk ist ein nächster Start des Starships in sechs bis 8 Wochen geplant. Prognosen von Adrian Beil (NASASpaceflight) zufolge sei ein Launch im Oktober jedoch wahrscheinlicher. Das zeigt sich auch beim Blick nach Starbase, Texas. Denn Ship 25, das aktuell von SpaceX für den nächsten Orbitalflugversuch vorgesehen ist, sollte diese Woche einen Spin Prime Test der Raptor-Triebwerke absolvieren. Der Test wurde jedoch während des Betankens auf Pad B aus unbekannten Gründen abgebrochen. Diese Spin Prime Tests, bei denen die Turbopumpen angeworfen werden, gehen für gewöhnlich einem Statischen Feuertest voraus. Nach einem erfolgreichen Spin Prime Test könnte es in den nächsten Tagen also wieder heiß her gehen. Ein Test des Boosters Super Heavy ist trotz der Fortschritte an der Startanlage in nächster Zeit jedoch nicht zu erwarten.

Header Bild: Senkrechtstarter
Verfasst von M. Weissflog
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