Senkrechtstarter News 09/2023
Diese Space News wurde veröffentlicht am Mo, 06.03.2023 – 10:00 CET in Zusammenarbeit mit SenkrechtstarterRaketenstarts der vergangenen Woche
SpaceX startet Starlink-Satelliten V2 Mini
Weniger Starlink-Satelliten pro Launch
Starlink-Satelliten stören immer mehr Hubble-Bilder
Japanische Raumfahrtagentur JAXA gibt neue Astronauten:innen bekannt
Rocket Lab könnte auf Bergung der Erststufe per Helikopter verzichten
Gerüchte über den Verkauf der United Launch Alliance (ULA)
Blue Origin möglicher Käufer; SpaceX eher unwahrscheinlich
Chinesen wollen bereits 2029 zum Mond
Neues Raketendesign der Langer Marsch 5
Starship + New Glenn = wiederverwendbare, chinesische Rakete
Raketenstarts der vergangenen Woche
Starlink Group 6-1 · Falcon 9 Block 5 · SLC-40, Cape Canaveral SFS, Florida, USA
Am Dienstagmorgen startete zum 206. Mal eine Falcon 9 von SpaceX. An Bord befanden sich Starlink Internet-Satelliten der 2. Generation. Der Start markiert mit der 100. erfolgreichen Landung eines Boosters am Stück einen neuen Rekord.
NASA Crew-6 · Falcon 9 Block 5 · LC-39A, Kennedy Space Center, Florida, USA
Nach einer Verschiebung aufgrund eines verstopften Zündsystems startete am Donnerstag eine neue Crew zur Internationalen Raumstation ISS. Während der Flug normal verlief, musste beim Andocken an die ISS auf ein Backup-System umgeschaltet werden, da es Probleme mit den Halte-Haken an der Nosecone gab. Der Fehler wurde durch ein Update behoben.
Starlink Group 2-7 · Falcon 9 Block 5 · SLC-4E, Vandenberg SFB, California, USA
Ein in Kalifornien gestarteter Flug brachte weitere Starlink-Satelliten ins All. Besonderheit hierbei war der 12. Start und die 12. Landung des Boosters B1061.
Internationale Raumfahrt
SpaceX startet Starlink-Satelliten V2 Mini
Die von SpaceX gewählte Bezeichnung Mini ist etwas irreführend, da die Satelliten deutlich größer und mit 800 kg etwa doppelt so schwer sind wie die vorherige Generation. Im letzten Jahr sprach Elon Musk bei der Ankündigung zur Kooperation mit T-Mobile noch von einer Interimslösung, die mit dem Starship gestartet werden soll.
Dass diese Satelliten nun bereits mit Falcon 9 ins All gebracht werden zeigt unter anderem, welch hohe Priorität die neue Starlink-Generation hat. Zwar handelt es sich bei den V2 Mini um eine abgespeckte Version, doch Berichten zufolge gelangt SpaceX mit weltweit über 1 Million Nutzenden des Services bereits an seine Kapazitätsgrenzen.
Laut SpaceX enthalten die neuen V2-Minis Schlüsseltechnologien wie leistungsfähigere Phased-Array-Antennen. Zudem wird ein anderes Frequenzband genutzt, womit in Summe eine circa 4-fach höhere Kapazität pro Satellit bereitgestellt werden kann. Auch an den Hall-Effekt-Ionen-Triebwerken gab es Veränderungen. So wird nun statt Krypton Argon als Treibstoff genutzt, die eine Schubkraft von 170 Milli-Newton erzeugen. Zwar ist Argon grundsätzlich weniger gut geeignet, ist aber besser verfügbar. Daran lässt sich ablesen, dass nun auch bei einzelnen Komponenten von Satelliten nach Potenzial zur Kosteneinsparung gesucht wird.
Weniger Starlink-Satelliten pro Launch
Bisher brachte SpaceX im Schnitt rund 50 Starlink-Satelliten (Generation 1) pro Start ins All. Aufgrund der neuen Abmaße ist diese Zahl aktuell auf 21 gesunken. Wie in einem von Elon Musk auf Twitter geteilten Video zu sehen ist, nehmen die neuen Starlink-Satelliten im Vergleich zur Vorgänger-Generation die doppelte Grundfläche ein. Ebenso zu sehen ist, dass die Halteklammern nun über ein Gelenk fest mit der Oberstufe der Falcon 9 verbunden sind. Damit enden sie nicht mehr als Weltraumschrott, sondern können nach einem Deorbit-Burn mit der Oberstufe entsorgt werden.
Starlink-Satelliten stören immer mehr Hubble-Bilder
Welche Auswirkungen Weltraumschrott hat, zeigt sich auch beim Weltraumteleskop Hubble. Schon lange weisen Astronomen darauf hin, dass die Vielzahl an Satelliten die ungestörte Beobachtung des Himmels von der Erde aus unmöglich machen könnten. SpaceX hatte damals reagiert und die Oberflächen der Satelliten weit weniger reflektierend gestaltet. Nun sind auch auf Bildern des Weltraumteleskops Hubble immer öfter Lichtstreifen von Starlink-Satelliten zu sehen. Der Grund hierfür liegt allerdings nicht allein darin, dass sich die Satelliten im Orbit befinden. Vielmehr ist dies auch eine Folge des mittlerweile eingestellten Space Shuttle-Programms. Denn ursprünglich war Hubble in 600 km Höhe positioniert worden, die noch vorhandene Restatmosphäre bremst das Teleskop jedoch ab, wodurch es auf tiefere Umlaufbahn sinkt. Die Bahnhöhe musste daher regelmäßig mit einem Space Shuttle angehoben werden. Da diese Re-Boost-Missionen nun nicht mehr stattfinden, sinkt Hubble nun auf tiefere Umlaufbahnen. Derzeit befindet sich das seit 1990 im Orbit befindliche Teleskop auf einer Umlaufbahn deutlich unter 550 km, wodurch potenziell mehr Satelliten “durchs Bild fliegen” werden.
Japanische Raumfahrtagentur JAXA gibt neue Astronauten:innen bekannt
Die japanische Raumfahrtbehörde JAXA hat zwei neue Astronaut:innen ausgewählt: Ayu Yoneda, 28, ist Chirurgin des Japanischen Roten Kreuzes. Ebenfalls als Astronaut bezeichnen darf sich der 46-Jährige Makoto Suwa, leitender Spezialist für Katastrophenrisiko-Management bei der Weltbank. Sollte Yoneda ins All fliegen, wäre sie die dritte japanische Frau und der jüngste Mensch, der von der JAXA je dafür ausgewählt wurde.
Eventuell könnten die beiden sogar zum Mond fliegen. Denn Japan ist stark bestrebt, Ende des Jahrzehnts im Artemis-Programm der NASA einen japanischen Astronauten auf dem Mond zu landen. Washington scheint davon nicht abgeneigt zu sein. Denn bereits im November hatten die NASA und die japanische Regierung ein Abkommen unterzeichnet, das Japans Beiträge zum Lunar Gateway abschließend regelt. Auch Japans Beteiligung an der Internationalen Raumstation bis 2030 wurde darin bestätigt. Zudem spricht US-Außenminister Antony Blinken vom gemeinsamen Ziel, einen japanischen Astronauten auf die Mondoberfläche zu bringen.
Rocket Lab könnte auf Bergung der Erststufe per Helikopter verzichten
Auf einer Investoren-Telefonkonferenz am 28. Februar gab Peter Beck, Geschäftsführer von Rocket Lab, die neuesten Überlegungen des Unternehmens bekannt. Demnach könnten die Erststufen zukünftig einfach aus dem Meer geborgen werden, anstatt sie mit einem Hubschrauber in der Luft einzufangen. Den letzten derartigen Versuch brach Rocket Lab ab, da die Telemetrie des Boosters kurzzeitig ausfiel. In der Folge fiel die Erststufe an ihrem Fallschirm ins Meer, wo sie von einem Boot geborgen wurde.
Laut Beck hat die Erststufe der Electron die Bergung aus dem Meer in bemerkenswert gutem Zustand überstanden. Zudem hätten die meisten Komponenten die Requalifizierung für einen weiteren Flug bestanden. Das neue Verfahren könnten die Kosten für eine Wiederverwendung reduzieren. Denn es könnten einerseits mehr Bergungen durchgeführt werden, andererseits entfielen die Einsatzkosten für einen Helikopter.
Gerüchte über den Verkauf der United Launch Alliance (ULA)
Brancheninsidern zufolge könnte United Launch Alliance, ein Joint Venture von Boeing und Lockheed, zum Verkauf stehen. Das jedenfalls berichtet der in der US-amerikanischen Raumfahrtbranche bestens vernetzte Eric Berger von Ars Technica. Potenzielle Käufer sollen bereits kontaktiert worden sein. Die könnten sowohl Boeing als auch Lockheed sein, die jeweils 50 Prozent an ULA halten. Denkbar ist Berger zufolge jedoch auch Amazon. Jeff Bezos’ Unternehmen hatte erst kürzlich den größten kommerziellen Startauftrag an die United Launch Alliance vergeben. Für Amazon könnte auch sprechen, dass die Satelliten zum Aufbau der eigenen Konstellation Kuiper in den Orbit müssen. Andernfalls verliert Amazon seine bereits erteilte Startlizenz.
Blue Origin möglicher Käufer; SpaceX eher unwahrscheinlich
Nicht ganz abwegig erscheint, dass auch Bezos’ eigenes Raumfahrtunternehmen Blue Origin als Käufer auftritt. Dies liefert immerhin schon die Triebwerke der Erststufe der Vulcan-Rakete. Mit der Übernahme von ULA würde Blue Origin von einem Lieferanten von Komponenten den Sprung zu einem Startdienstleister gelingen. Unwahrscheinlich ist, dass SpaceX ULA übernimmt. Das wäre aus Sicht von Elon Musk zwar ein Coup, allerdings hätte das Unternehmen dann eine de facto Monopolstellung hinsichtlich staatlicher Starts. Die Wettbewerbshüter in den USA sind jedoch weitaus mehr darauf bedacht, solche Positionen zu verhindern, als das andernorts der Fall ist.
Chinesen wollen bereits 2029 zum Mond
Das chinesische Raumfahrtprogramm wirkt bisweilen sehr ambitioniert. Während eine astronautische Mondlandung bisher für Anfang der 2030er im Raum stand, soll es nun bereits 2029 so weit sein. Im chinesischen Staatsfernsehen CCTV war neben den Bildern von Modellen auch die dafür verwendete Hardware zu sehen. Aus dem China Manned Space Engineering Office heißt es unterdessen, dass bei allen Schlüsseltechnologien Durchbrüche erzielt wurden. Derzeit arbeite man am Equipment einer Mondlandung. Also sowohl an Crew-Trägerraketen, Raumfahrzeugen, Mondlandefähren sowie einem Raumanzug. Als langfristiges Ziel hat sich China eine dauerhafte Mondbasis gesetzt, der Weg dahin gleich aber dem Artemis-Programm der NASA. Im ersten Schritt soll eine Landemission nur ein Kurzaufenthalt von wenigen Stunden sein, ähnlich wie bei den Apollo-Missionen der 1960er/70er Jahre.
Neues Raketendesign der Langer Marsch 5
Das gezeigte Modell der Rakete für die erste chinesische Mondlandung ist keine Überraschung. Die auf der Langer Marsch 5 basierende Rakete mit 3 Cores war bisher unter der Bezeichnung Langer Marsch 5 DY oder 5G bekannt. Das Raumschiff der nächsten Generation wird wie bei Artemis über ein Service Modul verfügen. Neu ist hingegen das Modell einer Landefähre. Das von außen einstufig wirkende Design wird vermutlich als Ganzes den Mond wieder verlassen und kann dementsprechend kompakter gebaut werden als die Mondlandefähren der Apollo-Missionen. In einer letzten Sommer gezeigten Präsentation war zu sehen, dass die Mondlandefähre und das Servicemodul erst im Mondorbit verbunden werden sollen. Das Design für die chinesische Mondlandung soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Starship + New Glenn = wiederverwendbare, chinesische Rakete
Bereits im letzten Jahr wurde das ursprüngliche Design einer chinesischen Super-Schwerlastrakete der nächsten Generation verworfen. Scheinbar konzentriert man sich in China jetzt darauf, einen vollständig wiederverwendbaren Träger zu bauen. Das im chinesischen Staatsfernsehen gezeigte Design weißt dabei unverkennbare Parallelen zu US-amerikanischen Raketen auf. Während der Booster in seiner Form stark an die Erststufe der New Glenn (Blue Origin) erinnert, wirkt die Zweitstufe wie ein Starship. Das gezeigte Flugprofil gleicht dem von SpaceX geplanten bei Flügen des Starship, und auch die Verwendung von flüssigen Sauerstoff (LOX) und Methan als Treibstoff scheint zumindest von SpaceX inspiriert zu sein.
Im englischen Sprachraum wurde die Ankündigung einer chinesischen Mondlandung noch in diesem Jahrzehnt auf Twitter rege aufgenommen. Einige Stimmen sprechen bereits vom Space Race 2.0, das damit seinen Anfang nehmen könnte. Ob dies wirklich so ist, wird sich jedoch erst in Zukunft zeigen.