Senkrechtstarter News 08/2023
Diese Space News wurde veröffentlicht am Mo, 27.02.2023 – 15:41 CET in Zusammenarbeit mit SenkrechtstarterRaketenstarts der vergangenen Woche
Raumanzüge für Artemis-Mission auf Instagram
Missions-Update zu “Polaris Dawn”
Relativity Space – mit 3D-Druck ins All
ISS – Starliner muss auf freien Docking-Adapter warten
ISS – Beschädigter Raumfrachter Progress MS-21 erfolgreich von ISS abgedockt
SpaceX – Vorbereitungen in Florida auf den ersten astronautischen Dragon-Flug des Jahres verzögern sich
SpaceX Starship – SN26 und SN27 ohne Steuerklappen und Hitzeschild
Raketenstarts der vergangenen Woche
ChinaSat 26 | Long March 3B/E | 23.02.2023, 12:49 MEZ
LC-2, Xichang Satellite Launch Center, China
Am Donnerstag ist von XICHANG eine chinesische Langer Marsch 3B gestartet. Auch das Aussetzen der Nutzlast mit ChinaSat 26 war erfolgreich. ChinaSat 26 ist ein Kommunikations-Satellit mit mehr als 100 Gigabit pro Sekunde. Startzeit war 12:49 Uhr MEZ.
Sojus MS-23 | Sojus 2.1a | 24.02.2023, 01:24 MEZ
Kosmodrom Baikonur, Kasachstan
Am Freitagmorgen ist nun doch endlich die unbemannte Ersatz-Sojus MS-23 gestartet. Statt Sitzen und Crew befördert sie Fracht. Auf der ISS werden dann die Sitze der leckgeschlagenen Sojus MS-22 in sie eingebaut. Gestartet wurde mit einer Sojus 2.1a vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan.
Horus 1 | Long March 2C | 24.02.2023, 05:01 MEZ
Site 9401 (SLS-2), Jiuquan Satellite Launch Center, China
Ebenfalls am Freitagmorgen hat die CHINA AEROSPACE SCIENCE AND TECHNOLOGY CORPORATION von Jiuquan eine Langer Marsch 2c gestartet. An Bord war der Satellit Horus 1 für einen nicht bekannten Kunden.
Internationale Raumfahrt
Raumanzüge für Artemis-Mission auf Instagram
Für 2025 ist die erste Landung von Menschen auf dem Mond seit Apollo 17 (1972) geplant. Doch bisher ist weder das dafür vorgesehene Starship HLS fertig, noch Raumanzüge für die Einsätze auf der Mondoberfläche. Nach etlichen Jahren Entwicklungszeit und Budgetüberschreitungen hatte die NASA das Raumanzug-Programm XEMU (Exploration Extravehicular Mobility Unit) an zwei Privatfirmen abgegeben.
Axiom wird einen Raumanzug für Arbeiten an einer Raumstation entwickeln und als Service an die NASA verkaufen. Ein speziell für die Anforderungen einer Mondlandung entwickeltes Spacesuit wird Collins Aerospace entwickeln. Das US-amerikanische Unternehmen aus North Carolina lieferte nun auf Instagram einen ersten Vorgeschmack in einem Video.
Scheinbar handelt es sich bei der Lebensversorgung auf dem Rücken aber noch um einen Dummy, wie die Versorgungsleitung vermuten lässt. Gegenüber der Bewegungsfreiheit der Anzüge, die bei den Apollo-Missionen zum Einsatz kamen, ist die Verbesserung aber augenscheinlich. Größte Herausforderung bei der Beweglichkeit von Raumanzügen ist jedoch der erforderliche Innendruck.
Missions-Update zu “Polaris Dawn”
Unabhängig von der NASA und auf eigene Kosten entwickelt SpaceX einen Raumanzug, der noch in diesem Jahr von einer Crew im Orbit getestet werden soll.
Auf der SpaceCom Expo hat der Milliardär Jared Isaacman neue Details zu seiner mit SpaceX gebuchten 2. Crew Dragon Mission bekannt gegeben. Im deren Rahmen der soll der ersten private Außenbordeinsatz der Raumfahrtgeschichte durchgeführt werden. ZUr Crew gehören neben Isaacman auch die beiden SpaceX-Mitarbeiterinnen Sarah Gilis und Anna Menon sowie der ehemalige Kampfpilot und langjährige Freund von Isaacman, Scott Poteet.
Da der Crew Dragon über keine Luftschleuse verfügt, wird der Druck der gesamten Kapsel abgesenkt. Die vier Crew-Mitglieder würden dann in Zweierteams nacheinander aus ihrem Raumschiff aussteigen – in 1.400 km Höhe der am weitesten von der Erde entfernte Punkt für einen Menschen seit dem Apollo-Programm.
Gemini – Apollo – Polaris Dawn
Überhaupt erinnern der Ausstieg und das gesamte Missionsprofil sehr stark an das Gemini-Programm der NASA, in dem als Zwischenschritt zum Apollo-Programm viele neue Fähigkeiten erprobt wurden. Für SpaceX bedeutet das eine Menge Arbeit und Anpassungen. Denn zwar basieren die Anzüge auf den aktuellen Druckanzügen, denen fehlen jedoch viele Features eines EVA-Anzuges. Dazu gehören die thermische Isolierung, der Schutz vor Mikrometeoriten und zusätzliche Redundanz. Denn im Prinzip ist ein EVA-Anzug ein Einmann-Raumschiff – selbst wenn er noch an Versorgungsleitungen und einer Sicherungsleine hängt.
Fähigkeiten, die hochkomplex und vor allem sehr teuer sind. Doch genau das möchte SpaceX ändern. Laut Isaacman ist es Sicht von SpaceX sehr wichtig, günstige Raumanzüge zu bauen. Denn im Gegensatz zu den aktuellen Modellen sollen diese in naher Zukunft in Serienproduktion für hunderte oder gar tausende von Menschen hergestellt werden können. Wie der Milliardär betont, soll es bereits in einigen Monaten soweit sein.
Relativity Space – mit 3D-Druck ins All
Ein weiteres Raketen-Startup betritt die internationale Bühne: Relativity Space hat von der US-amerikanischen Flugaufsichtsbehörde FAA die Starterlaubnis erhalten. Der Erstflug der TERRAN 1 wurde nun für den 8. März 2023 angekündigt und soll live auf YouTube gestreamt werden. Dieser Vertrauensvorschuss in die eigene Technik, vor allem aber in das Wohlwollen der Space-Community ist allerdings nicht selbstverständlich. Doch letztlich liegt das Geheimnis darin, die Stakeholder mit auf eine Reise zu nehmen – und nicht nur das Ziel zu zeigen.
Milliardenbewertung und volle Auftragsbücher bereits vor Jungfernflug
Dass der Markt reif für vollständig 3D-gedruckte Raketen ist, zeigen die Bewertungen von Relativity Space. Nach mehreren Finanzierungsrunden wurde das Unternehmen auf 4,2 Milliarden US-Dollar bewertet und verfügt dadurch über ein Budget von über 1,3 Milliarden US-Dollar. Das entspricht in etwa dem jährlichen ESA-Beitrag Deutschlands. Eigenen Angaben zufolge hat Relativity Space bereits 20 Starts, unter anderem für OneWeb, im Gesamtumfang von 1,2 Milliarden US-Doller in den Auftragsbüchern stehen.
Nachfolger TERRAN R soll wiederverwendbar sein
Die TERRAN 1 wurde mit einer Nutzlastkapazität von rund 1.200 kg für den Kleinsatellitenmarkt konzipiert. Den großen Vorteil einer additiv gefertigten Trägerrakete könnte dann das Nachfolgemodell ausspielen. Denn zum einen lassen sich innerhalb kurzer Zeit flexibel Prototypen fertigen, zudem sind geometrisch komplexe Designs möglich. Dies ist insofern relevant, als dass die TERRAN R vollständig wiederverwendbar sein soll.
Internationale Raumstation ISS
Ebenfalls vor dem Erstflug steht die Vulcain der United Launch Alliance ULA. Laut CEO Tory Bruno soll diese bereits 2024 eine Startkadenz von 14 Tagen erreichen. Der Jungfernflug ist derzeit für den 4. Mai 2023 geplant. Zuvor steht jedoch ein weiterer wichtiger Start mit dem Vorgängermodell Atlas 5 an. Denn diese ist zwar für die astronautische Raumfahrt zugelassen, hat jedoch noch nie Menschen ins All gebracht. Das soll sich mit dem Flug der Raumkapsel Starliner (Boeing) zur Internationalen Raumstation ISS nun ändern. Die Vorbereitungen dafür laufen planmäßig, ein mögliches Startfenster bietet sich nach Angaben der NASA zwischen Mitte und Ende April 2023.
Starliner muss auf freien Docking-Adapter warten
Zweifelsohne wird der erste Flug des Starlines mit Menschen an Bord für große Aufmerksamkeit sorgen. Doch mit dem hohen Verkehrsaufkommen ist auch ein hoher organisatorischer Aufwand verbunden. Denn an der ISS wird es zunehmend voller. So soll die Crew 6-Mission von SpaceX am 27. Februar starten. Das Crew 5-Crew-Dragon-Raumschiff würde jedoch erst um den 5. März herum abdocken. Diese Andockstelle wird dann voraussichtlich am 12. März von einer SpaceX Cargo Dragon-Frachtmission genutzt. Platz für Starliner wird jedoch erst, wenn dieser von einem der beiden internationalen Docking-Adapter abgedockt hat. Nach der langen Durststrecke US-amerikanischer Raumfahrt nach dem Aus der Space Shuttles hat die NASA nun fast das Luxusproblem zu vieler Raumschiffe, die sich gleichzeitig im Orbit befinden.
Beschädigter Raumfrachter Progress MS-21 erfolgreich von ISS abgedockt
Der beschädigte russische Raumfrachter Progress MS-21 dockte am 18. Februar um 03:26:24 MEZ planmäßig von der ISS ab. In die Schlagzeilen war diese Raumkapsel geraten, da sie, ähnlich wie im Dezember Sojus MS-22, ein Leck im Kühlkreislauf aufwies. Um ein besseres Verständnis über die Ursachen zu gewinnen, wurde beim Abdocken von der üblichen Prozedur abgewichen. So wurde die Kapsel einige Meter von der ISS entfernt nicht mehr automatisch gesteuert, sondern manuell von den Kosmonauten an Bord der Raumstation. Sie dreht MS-21 in verschiedene Lagen, sodass mit den externen Kameras der Raumstation von allen Seiten Fotos aufgenommen werden konnten.
Roskosmos veröffentlicht Bilder von Beschädigungen
Die Bilder wurden von Roskosmos veröffentlicht und zeigen, dass sich das Leck an ähnlicher Stelle wie bei MS-22 befand. Allerdings hatte es einen Durchmesser von 12 Millimetern (MS-22 0,8 mm), was zu einem schlagartigen Entweichen der Kühlflüssigkeit geführten haben soll. Dadurch bildete sich auch kein langanhaltender “Schneesturm”, wie es im Dezember 2022 der Fall war.
Aufenthalt auf ISS um 6 Monate verlängert
Nach dem Andocken beginnen auf der ISS umfangreiche Umbauarbeiten. So werden die beiden russischen Kosmonauten Sergei Prokopiev und Dimitry Petelin ihre Sitze aus der defekten MS-22 aus- und in die neue MS-23 einbauen. Der US-amerikanische Astronaut Frank Rubio wird seinen Sitz aus der Crew 5-Dragon ausbauen, in die der Sojus-Sitz kurzfristig eingebaut worden war. Sind alle Arbeiten abgeschlossen, hat wieder jedes Besatzungsmitglied der ISS eine sichere Rettungskapsel für den Notfall. Allerdings müssen sich Rubio, Prokopiev und Petelin bis zu ihrem Rückflug noch gedulden. Denn da aktuell kein Sojus-Raumschiff flugbereit ist, kann keine Ersatzcrew zur ISS aufbrechen. Ihr Aufenthalt auf der ISS wird daher sechs Monate länger dauern, als ursprünglich geplant.
SpaceX News
Vorbereitungen in Florida auf den ersten astronautischen Dragon-Flug des Jahres verzögern sich
Am Dienstag, den 21. Februar 2023 wurde die Besatzung der SpaceX Mission Crew-6 vom Johnson Space Center (JSC, Houston, Texas, USA) zum Kennedy Space Center (KSC, Cape Canaveral, Florida, USA) geflogen. Der Start der NASA-Astronauten Steve Bowen und Woody Hoburg, des Emirati-Astronauten Sultan Al Neyadi und Roskomos-Kosmonauten Andrey Fedyaev hatte sich verzögert, da noch Punkte bei der Flugtauglichkeit der Crew Dragon geklärt werden mussten. Wie die NASA auf einer Pressekonferenz mitteilte, wurde das thermische Verhalten von Halterungs-Panels noch einmal genauer untersucht.
Genauere Untersuchung der Tanks und Triebwerkssektion
Einer genaueren Untersuchung wurden auch die Faserverbund-Heliumtanks in den Sauerstofftanks der Falcon 9 unterzogen. Ein Fehler an dieser Stelle hatte den einzigen Fehlstart einer Falcon 9 verursacht, weswegen hier besonders kritisch geprüft wird. Zudem gab erst kürzlich eine ungewollte Verbrennung in der Triebwerkssektion einer Falcon 9, als diese Starlink-Satelliten ins All brachte. Der zu dieser Mission eingesetzte Booster befindet sich derzeit zur Inspektion im Hangar am KSC. Während , der sich im Hangar am KSC befindet, musste untersucht werden. Während dieser Booster bereits 12 Flüge absolviert hat, wird Crew 6 auf einer komplett neuen Erststufe durchgeführt.
SpaceX Starship-News
Wie auf einem 209 Megapixel-Bild von What about it!?-Fotograf Kevin “Chief” Randolph zu sehen ist, wurden sowohl Ship 26 als auch Ship 27 ohne Steuerklappen und Hitzeschild ausgeführt. Die Gründe für dieses konventionelle Design einer Oberstufe bieten Anlass zur Spekulationen. Unwahrscheinlich ist, dass SpaceX von der vollständigen Wiederverwendung abgerückt ist. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass SN26 und SN27 nur als sogenannte Boilerplate-Dummies auf einem Booster fliegen sollen, um das Gewicht zu simulieren. Denkbar ist auch, dass es sich hierbei um die ersten Prototypen des HLS für die NASA handelt, bei dem Flaps und Hitzeschutzschild ebenfalls entfallen. Die dritte Möglichkeit ist, dass es sich bei diesen beiden Schiffen um Tanker- oder Treibstoffdepot-Designs handelt.
Die Tanker-Hypothese wird von einer Aussage gestützt, die Gary Henry, Senior Director National Security Space Solutions bei SpaceX, auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Space Mobility Conference tätigte. Wie er sagte, werden durch die Starship-Tankerflüge in den Orbit in den nächsten 1-2 Jahren eine Menge an Flügen zum Üben des Wiedereintritts zur Verfügung stehen. SpaceX scheint beim Wiedereintritt also noch viel Verbesserungspotential zu sehen.
Die Wiederverwendbarkeit von Raketen gilt gemeinhin als enormer Kostenhebel beim Transport von Fracht ins All. Henry spricht davon, dass man die bereits dramatisch gefallenen Kosten von derzeit 2.000 Dollar pro Kilogramm auf 200 Dollar pro Kilogramm senken wird. Langfristig könnten sie bis zu dem Punkt noch weiter sinken, an dem der Treibstoff zum größten Faktor pro Start ist. Bekäme Elon Musk, so Henry, seinen Willen, dann lägen die Kosten pro in den Orbit transportiertem Kilogramm bei lediglich 20 Us-Dollar.