Senkrechtstarter News 06/2023
Diese Space News wurde veröffentlicht am Mo, 13.02.2023 – 10:23 CET in Zusammenarbeit mit SenkrechtstarterRaketenstarts der vergangenen Woche
Adam Spice (Rocket Lab): "SpaceX Rideshare-Mission erhöhen Kostendruck auf Microlauncher"
Dan Hart (Virgin Orbit): "100 $-Teil könnte Grund für Scheitern von 'Launch Me Up' sein"
Starship erreicht Meilenstein
Elon Musk verfolgt Static Fire bei NASASpaceflight
Trotz 3.600 Tonnen Schubkraft kein neuer Rekord
Gwynne Shotwell: “Finaler Test vor Orbitalflug von Starship”
Artemis 3: Landung auf dem Mond mit Starship
100 Falcon 9-Starts 2023, 100 Starship-Launches 2024
Raketenstarts der vergangenen Woche
Elektro-L n°4 | Proton-M/DM-3 | 05.02.2023, 10:12 MEZ
Site 81/24, Kosmodrom Baikonur, Kasachstan
Ziel dieses Launches war der geostationäre Orbit, in den der russische Wettersatellit Elektro-L n°4 gebracht wurde. Aus dieser Entfernung kann er alle 30 Minuten ein Bild der gesamten Erde aufnehmen. Die Auflösung (GSD) beträgt dabei 1 km im sichtbaren Bereich und 4 km im Infrarotbereich. Elektro-L ist außerdem mit Empfängern für das Notrufsystem SARSAT-COSPAS ausgestattet.
Amazon Nexus | Falcon 9 Block 5 | 07.02.2023, 02:32 MEZ
SLC-40, Cape Canaveral SFS, Florida, USA
Nach einer Verschiebung brachte SpaceX am Dienstag den Amazon Nexus-Satelliten in einen geostationären Orbit. Dieser HTS-Satellit (High Throughput Satellite) kombiniert Ku- und Ka-Band, um die Kommunikation zu optimieren und seine Kapazität zu vervielfachen. Sekundärnutzlast ist Pathfinder 2, ein Technologiedemonstrator für erschwingliche und belastbare Breitbandalternativen für die Satellitenkommunikation.
EOS-07, Janus 1, AzaadiSAT-2 | Small Satellite Launch Vehicle (SSLV) | 10.02.2023, 04:48 MEZ
First Launch Pad, Satish Dhawan Space Centre, Indien
Nach dem fehlgeschlagenem Erststart im August 2022 startete nun das SSLV erfolgreich in den Orbit. Hauptnutzlast war der 156 kg schwere Erdbeobachtungssatellit EOS-07. Neben dem Smallsat AzaadiSAT-2 war außerdem der erste Cloud-Satellit Janus-1 an Bord. Dieser ist unter anderem mit Technik von Morpheus Space ausgestattet.
SmallSat Symposium 2023, Silicon ValleyMountain View, CA
Adam Spice (Rocket Lab): “SpaceX Rideshare-Mission erhöhen Kostendruck auf Microlauncher”
Im Rahmen des SmallSat Symposiums äußerte sich Adam Spice, CFO von Rocket Lab, zu SpaceX’ Rideshare-Missionen. Sie hätten dem Markt dermaßen Volumen entzogen, dass es zu einem regelrechten Aderlass der Launcheranbieter kommen könnte. Er sagte außerdem, man habe die Entwicklung eines eigenen Trägersystems massiv unterschätzt.
Dan Hart (Virgin Orbit): “100 $-Teil könnte Grund für Scheitern von ‘Launch Me Up’ sein”
Im Silicon Valley äußerte sich auch Dan Hart, CEO von Virgin Orbit, zum Fehlschlag der Mission “Launch Me Up”. Noch gäbe es keinen abschließenden Bericht, aber alles deute darauf hin, dass ein 100 $-Bauteil die Ursache sei. Wahrscheinlich habe sich ein kleiner Filter im Triebwerk der 2. Stufe gelöst und im Triebwerk einen Schaden angerichtet, der zum Verlust der Rakete geführt haben könnte.
SpaceX Starship-News
Starship erreicht Meilenstein
Es hatte sich bereits abgezeichnet: Das SpaceX Starship hat einen wichtigen Meilenstein passiert. Im Vorfeld hatten sowohl Elon Musk als auch ranghohe SpaceX-Offizielle von einem Test aller Triebwerke an Starship Booster 7 gesprochen. Bisher waren lediglich 14 der 33 Raptor-Triebwerke gezündet worden. Erste Hinweise auf den anstehenden Test gab es auf der Commercial Space Transportation Conference, die von der Federal Aviation Administration am 8. Februar veranstaltet wurde. Dort kündigte SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell das Static Fire für Donnerstag, den 9. Februar 2023, an.
Beim Test selbst war Starship dann nicht mehr die größte Rakete aller Zeiten. Denn SpaceX hatte die Zweitstufe – also das eigentliche Starship – vorab von der Erststufe – dem Booster – genommen. Mit 69 Metern Höhe ist er jedoch immer noch imposant und wird derzeit nur von der Falcon 9 (70 m, SpaceX), der Delta IV (63-72 m, United Launch Alliance) und dem Space Launch System SLS (98-111 m, Aerojet Rocketdyne, NORTHROP GRUMMAN, Boeing und United Launch Alliance) übertroffen. Die Gesamtkonfiguration aus Booster und Starship kommt allerdings auf eine Höhe von 120 Metern.
Elon Musk verfolgt Static Fire bei NASASpaceflight
Einen ersten Betankungsversuch hatte man am Donnerstagabend wohl abgebrochen. Gegen 21 Uhr MEZ startete er erneut. Auf den Livestreams konnte man dies bereits gut erkennen. Entlang der Tankwände aus Edelstahl zeigten sich Frostmarken. Diese sind für Raketen mit kryogenem Treibstoffen normal. Als kryogen bezeichnet man Stoffe, Prozesse oder Eigenschaften im Zusammenhang mit extrem niedrigen Temperaturen. Während Sauerstoff und Methan unter “normalen” Bedingungen gasförmig sind, werden sie unterhalb ihres Siedepunktes flüssig. Bei Sauerstoff liegt dieser je nach Druck bei -183°C, bei Methan -161,6°C. Aufgrund dieser niedrigen Temperaturen kühlen auch die Wände von Raketen ab, woraufhin sich an der Außenwand Luftfeuchtigkeit niederschlägt und Eis bildet.
Spätestens als Elon Musk dann twitterte, dass er selbst den Test auch beobachtet, war der Community klar: Es wird heiß! Zunächst mussten jedoch die 33 Raptor-Triebwerke gekühlt werden, damit die kryogenen Betriebsstoffe in den zu warmen Triebwerken nicht schlagartig gasförmig werden. Kurz nach 22 Uhr MEZ ertönten dann in Boca Chica (Texas, USA) Sirenen und SpaceX startete einen zuvor nicht angekündigten Livestream.
Trotz 3.600 Tonnen Schubkraft kein neuer Rekord
Dieser zeigte dann einen Countdown von 40 Sekunden an, der sich allerdings nicht als besonders akkurat erwies. Denn schon bei T -16 Sekunden begannen die Triebwerke für rund 6 Sekunden zu feuern. Während des Livestreams war die Kraft weniger eindrücklich zu erkennen als in den nachträglich veröffentlichten Bildern der Drohnen. Bemerkenswert ist, dass SpaceX auf den Einsatz von Flamedivertern und eines großen Schallunterdrückungssystems verzichtet hat. Über beides wurde im Vorfeld ausführlich und heiß diskutiert. Auf den Aufnahmen war auch nach dem eigentlichen Abschalten der Triebwerke noch Flammen zu sehen. Entsprechend der Größe des Boosters mit einem Durchmesser von neun Metern haben diese die Ausmaße von Häusern.
Wie Elon Musk nach dem Test bekannt gab, wurden bei dem Static Fire lediglich 31 von 33 Triebwerken gezündet. Eines war bereits vor dem Test ausgefallen, ein anderes währenddessen. Dennoch erzeugten die verbliebenen Raptor-Triebwerke einen Schub von etwa 3.600 Tonnen. Angaben von SpaceX zufolge ist das weniger als die Hälfte der gesamten Kapazität. Nach Einschätzung von Elon Musk hätte er zudem ausgereicht, um einen Orbit zu erreichen. Darüber hinaus wird das Kompensieren ausgefallener Triebwerke im Flug immer wieder als Feature von SpaceX’ Falcon 9 und Falcon Heavy angeführt.
Direkt nach dem Static Fire entbrannten Diskussionen darüber, wo dieser Test in punkto Schub einzuordnen ist. Fest steht, dass Booster 7 deutlich mehr Schub als die Saturn V des Apollo-Programms der NASA hat. Den Rekord vor eine Rakete, die auch ins All geflogen ist, hält derzeit aber das SLS der aktuellen Artemis-Missionen. Den Rekord für eine Rakete, die abgehoben ist, hält hingegen seit 50 Jahren die sowjetische N1. Sie verfügte über 4.500 Tonnen Schub, erreichte allerdings nie den Orbit und wurde wegen zu vieler Fehlschläge letztlich eingestellt.
Gwynne Shotwell: “Finaler Test vor Orbitalflug von Starship”
Gwynne Shotwell, Präsidentin und COO von SpaceX, erklärte, dieser Test sei der letzte vor einem Orbitalflug gewesen. Für diesen steht allerdings immer noch die Genehmigung der US-amerikanischen Bundesluftfahrtbehörde FAA aus. Im Juni 2022 hatte SpaceX zahlreiche Auflagen erhalten, die der Erteilung einer Startlizenz bisher im Weg stehen. Besonders kritisch ist dabei ein Umweltgutachten – und auch beim jüngsten Static Fire wurden wieder zahlreiche Vögel beobachtet, die vom Test aufgeschreckt wurden. SpaceX habe allerdings alle Abhilfemaßnahmen abgearbeitet, erklärte Shotwell. Sie denke, dass man für einen Orbitalflug-Versuch bereit sei, sobald SpaceX von der FAA die Startlizenz erhalte. Gerüchten zufolge soll dies zwischen Ende Februar und März erfolgen, was die 59-Jährige grob bestätigte.
SpaceX wisse, so Shotwell, wie man in den Orbit kommt. Eine Garantie dafür, dass der erste Orbitalflug auch ein Erfolg werden würde, sei dies allerdings nicht. Das primäre Ziel sei bei einem Erstflug des gesamten Systems vielmehr, nicht die Startrampe in die Luft zu sprengen. Denn das wäre auch wirtschaftlich ein herber Rückschlag für den Raumfahrtpionier. Schätzungen zufolge hat SpaceX grob 1 Milliarde US-Dollar in die Anlage am Golf von Mexiko investiert. Dass ein derart hoher Betrag in den Büchern steht, liegt in erster Linie an der Intention von Starbase: Hier sollen die Voraussetzungen geschaffen für ein schnell und vollständig wiederverwendbares Starship geschaffen werden.
Artemis 3: Landung auf dem Mond mit Starship
In Präsentationen zur Wiederverwendbarkeit von Raketen bedient sich Elon Musk immer wieder der Analogie von Flugzeugen. Diese würden nach einer Landung aufgetankt und wieder verwendet und nicht nach jedem Flug entsorgt. Und auch Shotwell nutzt dieses einfach zu verstehende Beispiel. Sie sagte, dass das Starship ähnlich wie ein Flugzeug betrieben werden soll, mit Dutzenden Starts am Tag, wenn nicht gar Hunderten. Der Weg bis dahin dürfte indes noch weit sein – und führt definitiv nicht an der FAA vorbei. Doch auch, wenn diese Aussagen sehr optimistisch sind, hat SpaceX bereits astronautische Flüge mit dem Starship verkauft. Auch die NASA vertraut der Entwicklung soweit, als dass im Rahmen der Artemis 3-Mission ein Starship zum Einsatz kommen soll. Zwar soll die Crew nicht mit einem Starship, sondern mit einem SLS und Orion starten, doch die Landung auf dem Mond soll SpaceX’ Human Landing System HLS – eine angepasste Version des Starships – übernehmen.
100 Falcon 9-Starts 2023, 100 Starship-Launches 2024
Allzu euphorisch sollte man bei aller angebrachten Begeisterung nicht sein. Auch Gwynne Shotwell trat ein wenig auf die Bremse. Wie sie in einem Interview mit Spacenews.com erklärte, erwarte sie den ersten Crew-Flug nach frühestens 100 Flügen ohne Menschen an Bord. Diese Zahlen erscheinen angesichts der bisher erfolgten Raketenstarts schwindelerregend. Doch für 2023 sei das Ziel, 100 Starts von Raketen des Typs Falcon durchzuführen. Für 2024 könnten es dann gern 100 Starship-Launches sein. Sie rechne aber eher damit, dass es im Jahr 2025 soweit sein wird.
Deutlich optimistischer ist da SpaceX-Gründer Elon Musk. Auf die Frage, wann es Menschen auf dem Mars geben wird, sagte er, er halte es für in fünf Jahren möglich, sehr wahrscheinlich sei es aber in zehn Jahren. Entsprechend der “allgemein gültigen Umrechnung von ‘Elon-Time’ in Normalzeit” (E = 2,72) entspräche das zwischen 13,6 und 27 Jahren. Doch ob wirklich schon 2036 Menschen auf unserem Nachbarplaneten unterwegs sind, wird sich noch zeigen müssen. Dass es 2050 soweit ist, deutet da schon deutlich realistischer an.