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Senkrechtstarter News 03/2023

Diese Space News wurde veröffentlicht am Mo, 23.01.2023 – 19:42 CET in Zusammenarbeit mit Senkrechtstarter
Dieser Beitrag in aller Kürze
Raketenstarts der vergangenen Woche (USFF 67 - SpaceX Falcon Heavy, GPS III SV06 und Starlink Group 2-4 - Falcon 9 Block 5)
ABL gibt Details zu Fehlschlag bekannt
ESA weiht ersten Startplatz auf europäischem Festland ein
Dschibuti bekommt chinesischen Raketenstartplatz
Sojus MS-22 an der ISS wird für Rückflug von Crew mit Sojus oder Dragon ausgeschlachtet
SpaceX hat 2022 über 1000 Triebwerkstests durchgeführt
US Air Force beauftragt Entwicklung eines Planungstools für suborbitale Point-to-Point Raketen-Frachtmissionen

Raketenstarts der vergangenen Woche

USSF-67 Mission, © Official SpaceX Photos
USSF-67 Mission, © Official SpaceX Photos

USSF-67 | Falcon Heavy | 15.01.2023, 23:56 MEZ
LC-39A, Kennedy Space Center, Florida, USA

SpaceX hat am Sonntag, den 15. Januar kurz vor Mitternacht deutscher Zeit eine Falcon Heavy gestartet. Neben einem Start wie aus dem Bilderbuch landeten die beiden Booster auf den Landingzones in Florida. Die Zentralstufe wurde bei dieser Mission der US Space Force absichtlich nicht gelandet, weil man alle Performance für die Nutzlast brauchte. Denn sie sollte direkt in einen geostationären Orbit, was Orbitalraketen vor eine besondere Herausforderung stellt.

Aktuell sind vier weitere Falcon-Heavy-Missionen für 2023 geplant. 1) ViaSat im März, 2) USSF-52 der Space Force im April, 3) eine kommerzielle Mission für EchoStar im Mai und 4) die Asteroiden-Mission Psyche für die NASA im Oktober.

GPS III SV06 | Falcon 9 Block 5 | 18.01.2023, 13:24 MEZ
SLC-40, Cape Canaveral SFS, Florida, USA

Am Mittwoch, den 18. Januar hat SpaceX von Cape Canaveral einen GPS-3-Satelliten für die US-Regierung mit einer Falcon 9 gestartet.

GPS III Mission, © Official SpaceX Photos
GPS III Mission, © Official SpaceX Photos
Starlink Mission, © Official SpaceX Photos
Starlink Mission, © Official SpaceX Photos

Starlink Group 2-4 | Falcon 9 Block 5 | 19.01.2023, 16:43 MEZ
SLC-4E, Vandenberg SFB, California, USA

Am Donnerstag, den 19. Januar hat SpaceX mit seiner Falcon 9 dann eine weitere Tranche Starlink Internet-Satelliten in den LEO (Low Earth Orbit) gebracht. Startplatz war die Vandenberg Space Force Base an der Westküste der Vereinigten Staaten.


ABL gibt Details zu Fehlschlag bekannt

ABL Space Systems hat am Mittwoch einen Bericht über das Versagen seiner Trägerrakete RS1 am 10. Januar veröffentlicht. Die erste Stufe der Rakete hatte bei ihrem Jungfernflug etwa 11 Sekunden nach dem Start einen “vollständigen Leistungsverlust”, was zu einer gleichzeitigen Abschaltung aller neun Haupttriebwerke der Rakete führte.

“Kurz vor einem Stromausfall an Bord der Rakete begannen einige Sensoren nacheinander auszufallen. Dies deutet darauf hin, dass sich ein ungewolltes Feuer auf die Avionik ausgebreitet und dann den Ausfall der gesamten Steuerung verursacht hat.”

Die Rakete schlug etwa 20 Meter vom Startplatz entfernt auf dem Boden auf. “Ungefähr 95 Prozent der gesamten Treibstoffmasse des Fahrzeugs befanden sich noch an Bord und verursachten eine energiereiche Explosion und eine Überdruckwelle, die Schäden an nahe gelegenen Geräten und Einrichtungen verursachte”. ABL hat eine Untersuchung des Fehlers eingeleitet. Laut ABL gibt es einige visuelle Hinweise auf Feuer oder Rauch in der Nähe der Quick-Disconnect-Verbindung. Die zweite RS1-Rakete ist vollständig montiert und bereit für Stufentests. Allerdings werden die Ergebnisse der Untersuchung der Anomalie benötigt, um einen Zeitplan für den Start festzulegen.


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ESA weiht ersten Startplatz auf europäischem Festland ein

Polarlichter über Esrange, N. Melville CC BY-NC-SA 2.0
Polarlichter über Esrange, N. Melville CC BY-NC-SA 2.0

Am 13. Januar 2023 gab die Rocket Factory Augsburg ihre Partnerschaft mit dem schottischen SaxaVord Spaceport bekannt. Damit verbunden ist der exklusive Zugang zum Launchpad Fredo, von dem aus die RFA ONE starten soll. 

Am selben Tag hat die ESA zusammen mit schwedischen und europäischen Politikern im nordschwedischen Raumfahrtzentrum Esrange in Kiruna einen neuen Raketenstartplatz eröffnet. Von dort aus starten auch Höhenforschungsraketen und die studentischen Raketen von beispielsweise HyEnD. Ab 2023 sollen dann auch Orbitalraketen von Esrange aus abheben. Welche das sein sollen, ist zunächst unklar, denn Orbex und RFA werden von aus Schottland starten, Isar Aerospace aus Norwegen. Zwar soll der von der Ariane Group für die ESA entwickelte Technologiedemonstrator Themis in Esrange erste kurze Tests absolvieren. Die Haupttests aber sollen von Kourou in Französisch Guyana aus erfolgen. Zudem ist Themis nur eine Suborbital-Demonstrator. 

Ein weiterer Launcher kommt von einer 100%igen Tochter der Ariane Group: das französische Maia Space. Dieses Start-up ist dabei, einen wiederverwendbaren Kleinträger zu entwickeln. Allerdings ist bei Maia bis Ende des Jahres nicht mit einem ersten Orbitalflug zu rechnen. Darüber, ob diese dann von Esrange aus erfolgen könnten, ist derzeit nichts bekannt.


Dschibuti könnte chinesischen Raketenstartplatz bekommen

In Kalenderwoche 3 des Jahres 2023 wurde auch in Afrika ein Raumhafen angekündigt. Dschibutis Präsident Ismail Omar Guelleh hat eine entsprechende Absichtserklärung über die technologische Zusammenarbeit mit dem chinesischen Unternehmen Hong Kong Aerospace Technology unterzeichnet. Dieses sieht den Bau eines Satelliten- und Raketenstartplatzes sowie der zugehörigen Infrastruktur vor. Die Kosten dafür belaufen sich den Angaben zufolge auf 1 Milliarde US-Dollar. Einsatzbereit soll der Startplatz ab 2027 sein.

Dschibuti liegt nahe des Äquators im Osten Afrikas. Mit einer Fläche von 23.200 km² ist der Staat nur etwa so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Die präsidentielle Republik strebt an, mithilfe chinesischer Kredite zum Industriestandort zu werden.

Lage Dschibutis in Afrika, Screenshot Google Maps
Lage Dschibutis in Afrika, Screenshot Google Maps

Sojus MS-22 an der ISS wird für Rückflug von Crew mit Sojus oder Dragon ausgeschlachtet

Die Sojus-Mission MS-22 sollte eigentlich in diesem Frühjahr zur Erde zurückkehren. Doch nach einem Mikrometeoriten-Einschlag im Dezember wurde der externe Kühlkreislauf des Raumfahrzeugs beschädigt. Dadurch kann das Raumschiff nicht genug Wärme abführen, um alle Systeme und eine Crew von 3 Personen für eine längere Zeit am Leben zu erhalten. Denn schon nach wenigen Stunden könnten Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit auf Werte steigen, die für Menschen tödlich sind. Eine Rückkehr zur Erde mit diesem Raumschiff gilt als ausgeschlossen. Für die Crew der Internationalen Raumstation ISS heißt das, dass sie länger als geplant an Bord bleiben werden.

Ausströmendes Kühlmittel des Sojus-Raumschiffes
Ausströmendes Kühlmittel des Sojus-Raumschiffes

Das ist zwar grundsätzlich kein Problem, jedoch fehlen dadurch Sitzplätze bei einer eventuell notwenigen Evakuierung der Raumstation. Auf der Suche nach einer Lösung hat zwischenzeitlich die NASA bei SpaceX nach einer möglichen Unterstützung angefragt. Und auch die russische Raumfahrtagentur Roskosmos blieb nicht untätig: Sie hat sich entschlossen, die nächste Sojus MS-23 am 20. Februar ohne Crew zur ISS zu schicken. So soll den russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew und Dmitri Petelin sowie dem US-amerikanischen Astronauten Frank Rubio eine sichere Heimreise ermöglicht werden.

Improvisation bis Februar 2023

Um auch in der Zeit bis zur Ankunft von MS-23 eine Evakuierungsmöglichkeit zu haben, wurde der Sitz von US-Astronaut Frank Rubio aus der Sojus MS-22 aus- und in den Crew Dragon Endurance von Crew 5 (SpaceX) “eingebaut”. Dafür hat man im Frachtbereich in der Druckkabine unter den 4 regulären Sitze einen Platz gefunden. Der Sitz wurde mit Gurten an den Frachtbefestigungspunkten gesichert. Sobald Sojus MS-23 auf der Internationalen Raumstation ISS ankommt, beginnt der Rückbau. Zunächst werden alle maßgefertigten Sitze aus MS-22 demontiert und anschließend in MS-23 montiert. Auch der Sitz von Rubio wird dann wieder aus dem SpaceX Crew Dragon Endurance entfernt.

SpaceX Crew Dragon Endurance
SpaceX Crew Dragon Endurance

Diese Lösung erinnert stark an das Improvisationstalent der NASA-Ingenieure während Apollo 13. Im April 1970 war auf dem Weg zum Mond im Servicemodul des Apollo-Raumschiffes ein Tank mit superkritischen Sauerstoff explodiert. Die Mannschaft musste in die Mondlandefähre umziehen, deren CO2-Absorber jedoch nur für den Aufenthalt von 2 Personen über maximal 45 Stunden ausgelegt war.  Daraufhin entwickelte ein Team im Mission Control Center in Houston aus an Bord vorhandenen Dingen einen Adapter. Dieser bestand dann unter anderem aus Schläuchen, Klebebändern, Deckeln von Handbüchern sowie einer Socke.

Ersatzmannschaft erst im Herbst 2023

Da das nächste Sojus-Raumschiff nach MS-23 erst im Herbst flugbereit sein wird, verzögert sich der Start einer Ersatzmannschaft. Aktuell sehen Roskosmos und NASA die Rückkehr der MS-22 mit dem Sojus MS-23-Raumschiff erst nach dem 27. September 2023 vor. Der Vorfall könnte Frank Rubio übrigens zum Amerikaner mit dem längsten durchgängigen Weltraumaufenthalt machen. Den aktuellen Weltrekord von Kosmonauten-Legende Valery Polyakov wird er jedoch nicht toppen: Er verbrachte in den 1990er Jahren 438 Tage am Stück auf der Raumstation Mir.


SpaceX News

Künstlerische Darstellung eines Satelliten für SpaceX' Starshield, © SpaceX
Künstlerische Darstellung eines Satelliten für SpaceX’ Starshield, © SpaceX

US-Regierung könnte auf Starshield setzen

Während Starlink wegen hoher Nachfrage derzeit mit sinkender Bandbreite von sich reden macht, gibt es Neuigkeiten zu erst jüngst bekannt gewordenen SpaceX-Projekt Starshield. Laut Unternehmensangaben ist “Starshield für die Nutzung durch die Regierung gedacht, wobei der Schwerpunkt zunächst auf drei Bereichen liegt: Erdbeobachtung, Kommunikation und gehostete Nutzlasten.” Explizit erwähnt wird die Zusammenarbeit mit den US-Verteidigungsministerium, auf das das Vorhaben als Hauptkunden ausgerichtet zu sein scheint. Denn wie SpaceNews.com berichtet, steht das Verteidigungsministerium unter enormen Druck, seine Fähigkeiten auszubauen. Offenbar ist SpaceX nun von seinem ursprünglichen Plan abgerückt, die Kommunikation via Starlink auch Regierungsbehörden zur Verfügung zu stellen. Stattdessen soll mit Starshield ein unabhängiger Service aufgebaut werden. Mit einer vorhandenen Produktionskapazität von über 120 Starlink-Satelliten pro Monat wäre dies durchaus möglich.

SpaceX testet durchschnittlich 3 Triebwerke pro Tag

Aber nicht nur Satelliten baut SpaceX sehr schnell und sehr viele. Wie NASA-Spaceflight diese Woche auf Twitter bekannt gab, hat ihr McGregor Live Service seit seiner Inbetriebnahme auf YouTube am 28. April 2022 bereits über 1000 Triebwerkstests gefilmt. Das sind durchschnittlich mehr als drei pro Tag.

In McGregor werden sowohl die Merlin-Triebwerke der Falcon 9 und Falcon Heavy getestet als auch die Starship Raptor-Triebwerke.

US Air Force beauftragt Entwicklung eines Planungstools für suborbitale Point-to-Point Raketen-Frachtmissionen

Auf die Frage eines Twitter-Nutzers, wie viele Starships und Booster SpaceX dieses Jahr produzieren will, antwortete Elon Musk: “Etwa fünf Stacks.” Wieviele dieser je fünf Booster und Starships fliegen werden, ist derzeit noch unklar. Denn aktuell darf SpaceX – unabhängig einer noch ausstehenden Starterlaubnis – entsprechend eines Umweltgutachtens lediglich fünf Orbitalflüge mit dem Starship durchführen.

Ungeachtet dessen schreiten die Arbeiten an der Startanlage in Cape Canaveral weiter voran. Es wird vermutet, dass ein in Florida gefertigtes Deluge-Sprinklersystem nach Boca Chica gebracht wird. Ursprünglich wollte SpaceX ohne einen solchen Schall unterdrückenden Wasservorhang auskommen.

Ein von Elon Musk in Präsentationen immer wieder aufgezeigter Vorteil des Starships ist dessen Fähigkeit, große Lasten auch suborbital zu transportieren. Damit – so SpaceX – könnte innerhalb weniger Stunden jeder Punkt auf der Erde erreicht werden. Diese Fähigkeit ist besonders für das Militär interessant, da es so schweres Gerät schnell verlegen kann.

Was lange Zeit nur hinter vorgehaltener Hand vermutet wurde, scheint jetzt jedoch Konturen anzunehmen. Denn der amerikanische Mischkonzern Raytheon, ein großer Zulieferer des Verteidigungsministeriums, erarbeitet gerade eine Mission-Planungssoftware für die US Air Force. Diese zielt auf den Einsatz kommerzieller Raketen für den suborbitalen Punkt-zu-Punkt-Transport ab. Mit dem Tool soll die Air Force in die Lage versetzt werden, eine Raketenfracht-Mission innerhalb von Stunden zu planen, zu koordinieren und durchzuführen.

Header Bild: Senkrechtstarter
Verfasst von M. Weissflog
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