The Exploration Company wirbt 40,5 Mio. Euro Finanzierung ein
Published on Fr, 03.02.2023 – 09:43 CET in Financials, covering The Exploration CompanyDie Meldung war ein Paukenschlag für die ganze Branche: Das NewSpace-Startup The Exploration Company konnte in einer Finanzierungsrunde die Rekordsumme von 40,5 Millionen Euro einwerben. Damit soll die Entwicklung der wiederverwendbaren Raumkapsel Nyx weiter vorangetrieben werden. Zudem plant das Unternehmen, die Erforschung des Weltraums erschwinglich, nachhaltig und offen zu gestalten.
Erst im Juli 2021 wurde “The Exploration Company” von Hélène Huby und einem Team erfahrener Luft- und Raumfahrtingenieure gegründet. Ihr Vorhaben: Sie wollen die Eroberung des Weltraum demokratisieren, sprich möglichst Vielen zugänglich machen. Das notwendige Know-how haben sie bei einigen der größten Raumfahrtprogramme gesammelt, unter anderem beim European Service Module (ESM). Dies ist die primäre Energie- und Antriebskomponente der Orion-Raumkapsel, die Menschen wieder zum Mond bringen soll. Und auch an der Ariane haben Mitglieder des Teams gearbeitet. Doch während die europäische Schwerlastrakete vor allem durch jahrelange Verzögerungen immer wieder in die Schlagzeilen gerät, zeigen Huby und ihr Team, wie es schneller geht.
Innerhalb von nur neun Monaten entstand der erste Wiedereintritts-Demonstrator. Mit der jetzigen Finanzierung soll ein zweiter entwickelt werden. Dieser soll bereits 2024 zum ersten Mal ins All fliegen und kontrolliert wieder zur Erde zurückkehren. Den Erstflug der eigentlichen Raumkapsel plant das im bayrischen Unternehmen für das Jahr 2026. Nur zwei Jahre später, 2028, soll es dann schon zum Mond gehen.
Nyx – wiederverwendbare, auftankbare und universelle Raumkapsel
Die endgültige Raumkapsel Nyx – benannt nach der griechischen Göttin und Personifikation der Nacht – soll dabei sowohl Fracht als auch Menschen in den Weltraum bringen. Ganz im Sinne der Demokratisierung zielt The Exploration Company damit auf institutionelle und kommerzielle Kunden gleichermaßen ab. Denn mit Nyx sollen sich Raumstationen versorgen und Langstreckenforschungsmissionen durchführen lassen. Laut Unternehmensangaben soll der Transport in die Umlaufbahn der Erde bei 20.000 Euro pro Kilogramm kosten. Vier Tonnen können dann bis zu sechs Monate im niedrigen Erdorbit bleiben. Zwischen zwei und fünf Tonnen will man zum Mond bringen können; abhängig vom Landeverfahren.
Die Kosten pro Kilogramm belaufen sich dann auf mindestens 150.000 Euro. Was für Laien immer noch eine unerschwingliche Summe ist, unterbietet viele der heutigen Preise bei Weitem. Möglich wird dies durch das Zusammenspiel vieler Faktoren. So ist die Raumkapsel zum einen wiederverwendbar, was grundsätzlich Kosten dämpft. Zum anderen ist Nyx multifunktional und kann im Orbit aufgetankt werden. Auch die derzeitige Dynamik in der Entwicklung von Launchern hat Hubys Team bedacht. Das System soll unabhängig von der Trägerrakete sein, also mit unterschiedlichen Raketen gestartet werden.
Im Laufe dieses Jahrzehnts wird die Menschheit in den Weltraum vorstoßen und – teilweise in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor – Raumstationen um die Erde und den Mond errichten. Damit wird der Weg für eine dauerhafte Besiedlung des Mondes und darüber hinaus geebnet. Derzeit werden diese revolutionären Entwicklungen von einigen wenigen Akteuren vorangetrieben. Wir wollen die Erforschung des Weltraums demokratisieren, indem wir nachhaltigere und erschwinglichere Kapazitäten bereitstellen. Unser Raumfahrzeug Nyx ist die erste privat finanzierte Raumkapsel, die erste mit umweltfreundlichen Treibstoffen und die erste mit einem Open-Source-Betriebssystem. Auf diese Weise werden wir in der Lage sein, die Nationen, die Raumfahrt- und die Nicht-Raumfahrtindustrie sowie Einzelpersonen in die Lage zu versetzen, sich am Aufbau der neuen Raumfahrtwelt zu beteiligen und zu ihr beizutragen.
Hélène Huby, Co-Founder & CEO The Exploration Company
Open Source für einen demokratisierten Zugang zum All
Was Huby damit meint, zeigt sich beim Blick auf die Peripherie von Nyx. Denn nicht nur die Raumkapsel befindet sich in der Entwicklung, sondern neben der Hardware auch Software. Diese sind als Open Source ausgelegt, verfügen also über offene Schnittstellen. Darauf aufbauend können Kunden die Plattform entsprechend ihrer Bedarfe entwickeln. Verfügbar soll die entsprechende Software später in einem eigenen SpaceStore (Nyx Store) sein. Das Vorgehen erinnert also stark an Software-Unternehmen, die teilweise in großem Stil auf die Kraft einer agilen und aktiven Community vertrauen. Um einen solchen in der Raumfahrtindustrie disruptiven Ansatz auch umsetzen zu können, bedarf es einer Menge Selbstvertrauen. Das jedoch hat Huby, die auch nicht davor zurückschreckt, der bisherigen europäischen Raumfahrtstrategie den Spiegel vorzuhalten. Huby: “Da es keine europäische Lösung für den Transport von Gütern und Menschen zu den Raumstationen rund um die Erde und den Mond gibt, geben wir Europa die Möglichkeit, an der Erforschung der neuen Weltraumwelten teilzunehmen.”
Lange Zeit klammerte man in Europa einen unabhängigen Zugang ins All aus, sodass heute zahlreiche internationale Abhängigkeiten bestehen. Im Falle der Kooperation mit Roskosmos hat sich dies seit Februar 2022 bitter gerächt. Unter Josef Aschbacher vollzieht die Europäische Raumfahrtagentur zwar gerade eine massive Neuausrichtung, diese wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch der Bedarf nach einem Zugang zum All zeigt sich bereits jetzt und sorgt für viel Dynamik im NewSpace-Ökosystem. Und in diesem will The Exploration Company ganz selbstbewusst einen wichtigen Platz einnehmen. “Gleichzeitig schaffen wir einen nachhaltigen, erschwinglichen und alternativen Global Player,” sagte Hélène Huby.
Serie-A-Finanzierung bringt mehr als 40 Millionen Euro ein
Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von EQT Ventures und Red River West. Beteiligt waren zudem neue und bestehende Investoren wie Promus Ventures, Cherry Ventures, Vsquared, Omnes Capital, July Fund, Partech, Habert Dassault Finance, Schlumberger, WMA, Possible Ventures, Rymdkapital und Sista Fund. In Summe kamen so 40,5 Millionen Euro zusammen. Mit dem frischen Kapital soll nun die erste voll funktionsfähige Raumkapsel kommerzialisiert werden, der zweite Demonstrator fertiggestellt und zu Testzwecken gestartet werden. Damit das Vorhaben, die Eroberung des Weltraums zu demokratisieren, auch wirklich gelingen kann, soll auch das Team erweitert werden.