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Putin und Kim Jong-un treffen sich im Kosmodrom Wostotschny

Published on Do, 14.09.2023 – 06:18 CEST in Politics, covering Weltgeschehen

Seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 steht Russland in der internationalen Raumfahrt weitgehend allein da. Gegen Nordkorea verhängte die Europäische Union seit 2006 zahlreiche Sanktionsmaßnahmen, zudem ist das Land seit Jahren international weitgehend isoliert. Auf einem Treffen im Kosmodrom Wostotschny vereinbarten Putin und Kim Jong-un, zukünftig enger zusammenzuarbeiten. Das könnte auch Einfluss auf die Raumfahrtaktivitäten der beiden Staaten haben.

Die ganze Geschichte

[Moskau/Pjöngjang] Kim Jong-un gilt zweifellos als Diktator, der seine Macht um keinen Preis der Welt aufgeben will und dafür auch über tausende Leichen geht. Die Vereinten Nationen werfen ihm und seinem Machtapparat zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vor und haben bereits neun Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Doch das hält den 39-Jährigen nicht davon ab, sein Atomprogramm weiter voranzutreiben. Und von seinen Ambitionen, ins All vorzustoßen, lässt er auch nicht ab. Ob Nordkorea tatsächlich – wie von selbst behauptet – im Besitz von Interkontinentalwaffen ist, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Fakt ist jedoch, dass man sich in Pjöngjang als eine ernst zu nehmende Raumfahrtnation verstanden wissen will.

Trotz Sanktionen: Nordkorea ist Raumfahrtnation

Bahndarstellung für den nordkoreanische Erdbeobachtungssatelliten Kwangmyŏngsŏng 3-2;
© Von Secretlondon
Bahndarstellung für den nordkoreanische Erdbeobachtungssatelliten Kwangmyŏngsŏng 3-2;
© Von Secretlondon – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Immer wieder starten vom Norden der koreanischen Halbinsel aus ballistische Raketen, was die gesamte Region – vor allem aber Südkorea und Japan – regelmäßig in Alarmbereitschaft versetzt. Schließlich ist dem Staat laut UN-Resolution 1718 der Start ballistischer Raketen untersagt. Nordkorea wiederum beruft sich auf das Recht der Erforschung des Weltraums, wie es im Weltraumvertrag geregelt ist. Da zum Start von Satelliten jedoch modifizierte Interkontinentalraketen (Unha-3) vom Typ Taepodong-2 verwendet werden, wird jeder Start mit Argusaugen beobachtet und heftig kritisiert. In die Liga der Raumfahrtnationen stieg Nordkorea allerdings schon am 12. Dezember 2012 auf. Damals wurde der Erdbeobachtungssatellit Kwangmyongsong 3-2 (hell leuchtender Stern) in einen niedrigen Erdorbit gebracht. Am 31. Mai 2023 sollte dann der erste eigene Spionagesatellit folgen. Der Versuch schlug jedoch fehl, die Rakete stürzte höchstwahrscheinlich ins Meer. Auch im zweiten Anlauf am 24. August 2023 erreichte Malligyong-1 aufgrund eines technischen Fehlers in der dritten Raketenstufe seine Umlaufbahn nicht.

Trotz Erfahrung: Russische Mondmission gescheitert

Start einer Sojus 2.1a vom Kosmodrom Wostotschny; 
© kremlin.ru
Start einer Sojus 2.1a vom Kosmodrom Wostotschny;
© kremlin.ru, CC BY 4.0

Auch Russland erlebte jüngst einen Rückschlag in der Raumfahrt. Zwar war die Trägerrakete des Typs Sojus-2.1b am 10. August 2023 erfolgreich vom Kosmodrom Wostotschny gestartet. Die geplante Mondlandung der Sonde Luna 25 endete jedoch am 19. August mit einem Aufschlag auf der Oberfläche des Mondes. Als Grund für das Scheitern der Mission gab die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos später einen Fehler in der Triebwerksteuerung bekannt. Ursprünglich wollte sich auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA an der Neuauflage der russischen Mondmissionen Luna 25, 26 und 27 beteiligen. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschloss der ESA-Rat im April 2022 jedoch, die Zusammenarbeit zu beenden. Hinzu kommen europäische und US-amerikanische Sanktionen, wodurch die russische Raumfahrtindustrie international quasi isoliert ist. Geblieben ist Russland lediglich die Kooperation im Rahmen der Internationalen Raumstation ISS.

Das Weltall ist kein rechtsfreier Raum

Der Hauptgrund für das Treffen der beiden Machthaber im Kosmodrom, das nur 100 Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt ist, dürfte jedoch nicht die gemeinsame, friedliche Eroberung des Weltraums gewesen sein. Zwar hatte Putin Kim Jong-un bei dem Treffen zugesichert, Nordkorea in Punkto Satelliten zu unterstützen. Als Gegenleistung dürfte er aber nordkoreanische Waffen und Munition erwarten. Welche Auswirkungen das auf den Krieg in der Ukraine hat, bleibt abzuwarten. Für die Raumfahrt steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass bald ein weiterer Player ins Rennen um begehrte Orbits einsteigt. Und nicht nur das. Denn vor allem Russland hatte in letzter Zeit durch rücksichtsloses Verhalten von sich Reden gemacht, als bei einem Test gezielt ein Satellit abgeschossen wurde. Dabei handelte es sich zwar um einen eigenen, doch die entstandenen Trümmerteile hatten und haben Einfluss auf alle Satellitenbetreiber. Dass sich Nordkorea aus eigener Motivation an Industriestandards zur Entsorgung ausgedienter Satelliten halten wird, darf bezweifelt werden. Selbst wenn entsprechende Vorgaben in internationales Recht überführt würden, dürften diese wohl lange Zeit ignoriert werden. Diesen Schluss legt zumindest das bisherige Verhalten Nordkoreas nahe, das regelmäßig gegen UN-Resolutionen verstößt. Dass Russland sich wiederum auf die Seite eines totalitären Regimes schlägt, könnte es in der internationalen Raumfahrt weiter isolieren.

Header Bild: Kremlin.ru
Verfasst von M. Weissflog
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