EFI - Expertenkommission Forschung und Innovation

BHO Legal wirkt an EFI-Gutachten 2023 mit

Published on So, 26.02.2023 – 12:49 CET in Politics, covering BHO Legal

Alljährlich übergibt die Expertenkommission Forschung und Innovation EFI ihr Gutachten der Bundesregierung. Eines der Kernthemen des 144-seitigen Berichtes ist die “Deutsche Raumfahrt zwischen Old und New Space”. Zu dessen Inhalt haben auch die Rechtsanwälte und Partner Dr. Ingo Baumann und Jan Helge Mey der Kölner Kanzlei BHO Legal beigetragen.

Die ganze Geschichte

Einleitend wirft das Gutachten im Kapitel “B3 – Deutsche Raumfahrt zwischen Old und New Space” einen Blick auf die sich verändernden Rahmenbedingungen in der Raumfahrt. Wie die Autor:innen aufzeigen, sind mit dem Wandel von der hauptsächlich staatlich betriebenen hin zur privatwirtschaftlich organisierten Raumfahrt etliche neue Herausforderungen verbunden. Einen besonders großen Anteil daran haben die zahlreichen Anwendungen, die auf Satellitentechnologie beruhen. Zwar sind sie in vielen Bereichen für unser Leben hier auf der Erde unverzichtbar geworden, die Situation im Orbit wurde jedoch lange Zeit vernachlässigt. Es fehlt laut Expert:innen unter anderem an Regularien zur Koordination staatlicher und privater Raumfahrtaktivitäten. Zudem braucht die europäische Raumfahrtindustrie beim Blick auf die Patente zwar nicht den Vergleich mit den USA zu scheuen. Doch “hinkt Deutschland bei den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche kommerzielle Nutzung der Raumfahrt hinterher.”

Deutschland benötigt ein Weltraumgesetz

Einer der Gründe für den Rückstand ist die nicht mehr zeitgemäße Raumfahrtstrategie Deutschlands. Sie stammt aus dem Jahr 2010 und berücksichtigt nur unzureichend die derzeitigen Gegebenheiten. Eine neue soll zwar erarbeitet werden, doch die Notwendigkeit eines deutschen Weltraumgesetzes wird im entsprechenden Impulspapier des BMWK nicht erwähnt. Allerdings spielt der Staat auch bei der Kommerzialisierung der Raumfahrt eine wichtige Rolle spielt. Mangelnde Klarheit über eine neue Strategie führt vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-ups zu Unsicherheiten. Zum einen, weil schlimmstenfalls das gesamte Geschäftsmodell obsolet werden könnte. Vor allem aber, weil rechtliche Aspekte ungeklärt bleiben. Besonders deutlich wird dies bei Haftungsfragen. Den Autor:innen zufolge trägt der deutsche Staat “völkerrechtlich die Verantwortung für alle Raumfahrtaktivitäten auf deutschem Boden und von deutschen Akteuren.” Dabei ist es unerheblich, ob es sich um staatliche oder private Akteure handelt. Zudem haftet die Bundesrepublik Deutschland auch für Schäden Dritter.

Schematische Darstellung der Akteure in der deutschen Raumfahrt, © EFI – Expertenkommission Forschung und Innovation
© EFI – Expertenkommission Forschung und Innovation

Wer haftet im Schadensfall?

Derzeit herrscht mehr oder minder Wild-West-Stimmung in der Raumfahrtindustrie. Der zu verteilende Kuchen ist riesig und verspricht, für viele internationale Player zu reichen. Doch schon jetzt zeigt sich, dass ohne klare Regeln und ausreichend Verantwortungsbewusstsein schnell eine Katastrophe droht. Denn abertausende Satelliten im All können nicht einfach unorganisiert die Erde umrunden, sondern müssen aufeinander abgestimmt werden. Regeln könnte das eine Pflicht zur Registrierung und Genehmigung von Weltraumobjekten. Zwar gibt es ein nationales Register für Weltraumobjekte, doch ohne Gesetz fehlt die Pflicht zur Registrierung. Hoffnung, dass sich das über die europäische Ebene schneller ändern könnte, lässt das Gutachten kaum aufkommen. Ein Gesetz sei nicht in Sicht, auch wenn es auf europäischer und internationaler Ebene Rufe nach klaren Regeln gäbe.

EFI-Gutachten empfiehlt Pflichtversicherung bei Weltraumaktivitäten

Im Gutachten wird auch benannt, wie wichtig ein deutsches Weltraumgesetz in Haftungsfragen ist. So wird in nationalen Weltraumgesetzen typischerweise eine (Mit-)Haftung mit einer Versicherungspflicht gekoppelt. Sind die Haftungsgrenzen allerdings zu hoch, könnte das zu hohen Versicherungskosten führen. Das wiederum wäre schlecht für Kleinstsatelliten-Initiativen. International üblich seien laut EFI-Gutachten daher Haftungsgrenzen um 60 Millionen Euro.

Wird der Staat für einen Schaden durch einen privaten Akteur in Haftung genommen, kann der Staat den Verursacher bis zur Summe der Pflichtversicherung in Regress nehmen. Wird der Akteur zivilrechtlich für den Schaden haftbar gemacht, haftet er bis zur Summe der Pflichtversicherung, darüber hinaus haftet der Staat als Garant.

EFI Gutachten 2023

Aktuelle Gesetze und Verordnungen werden zum Wettbewerbsnachteil

Dass Weltraumschrott ein ernstzunehmendes Problem ist, zeigt sich immer wieder. So muss die ISS regelmäßig Bahnkorrekturen vornehmen, um Trümmerteilen auszuweichen. Und auch Satelliten führen immer wieder Ausweichmanöver durch. Die Autor:innen des EFI-Gutachtens empfehlen daher, Regelungen zur Vermeidung und Beseitigung von Weltraumschrott ins Gesetz aufzunehmen. Auch eine Behörde zur Genehmigung von Raumfahrtaktivitäten und zur Überwachung des Rechtsrahmens wird der Bundesregierung ans Herz gelegt.

Eine besondere – und schon fast antiquierte – Stellung nimmt das “Gesetz zum Schutz vor Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch das Verbreiten von hochwertigen Erdfernerkundungsdaten” ein. Das Satellitendatensicherheitsgesetz (SatDSiG) trat am 23.11.2007 in Kraft und regelt unter anderem die Genehmigungspflicht für die Generierung von sicherheitsrelevanten Daten mit hohem Informationsgehalt. Das sind – vereinfacht gesagt – hoch aufgelöste Satellitenbilder. Die in der zugehörigen Satellitendatensicherheitsverordnung (SatDSiV) genannten Werte sind jedoch nicht mehr zeitgemäß und werden von kommerziellen Anbietern längst unterschritten. Laut SatDSiV ist die Nutzung einer geometrischen Auflösung von 2,5 Metern oder weniger in Deutschland genehmigungspflichtig. Für Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf der Verarbeitung dieser Daten basiert, ist das ein Nachteil im Internationalen Wettbewerb.

Handlungsempfehlungen im EFI-Gutachten 2023

Das Kapitel schließt mit klaren Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung, um die Kommerzialisierung der Raumfahrt in Deutschland nicht auszubremsen. Konkret benannt wird, die Raumfahrtstrategie zügig auf den Weg zu bringen, staatliche Nachfrage zu koordinieren und die Zusammenarbeit ziviler und militärischer Akteure zu stärken, die Rahmenbedingungen für private Akteure zu verbessern und Raumfahrt europäisch zu denken.

Header Bild: EFI - Expertenkommission Forschung und Innovation
Verfasst von M. Weissflog
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